Gedanken am Sonntagmorgen bei leichtem Regen

thor

mama said i am a bad boy
Aus der wöchentlichen Story, die ich seit 9 Wochen unter http://aussatz.antville.org und an verschiedenen Stellen im Netz ausgelegt hatte, wurde, um dem Terminzwang zu entgehen, eine lose Textsammlung, hier ein aktuelles Beispiel:
Provokation - was ist das? Ein Schlag ins Gesicht? Eine Meldung, die einem die Augenlider hinterreisst? Eine Beleidigung? Nein, in meinen Augen reicht eine nüchterne, eine kleine, Feststellung. Der Linuxuser hat sich verändert. Nicht nur der Linuxuser, auch der Windowsnutzer, der BSD-User, der Mac-Begeisterte.

Am Anfang der ganzen Computerei waren es wenige Verrückte, die sich vor die Kisten setzten, damals noch war der Blick auf Zahlen- und Buchstabenwüsten eine anstrengende Sache, man sah auf grüne oder bernsteinfarbene Monitore, oder noch schlimmer, auf einen alten ausgemusterten Fernseher, der nun als Computermonitor sein Dasein fristete. Es gab wenig Dokumentation, man forschte selbst, probierte, schrieb auf, gab weiter, unterhielt sich. Bei Windows und MacOS kam man an Grenzen, irgendwann wollte man die Systeme weiter erforschen, mehr verstehen, doch es ging nicht, "geschlossene Codegesellschaft". Irgendwann für mich der Grund, mich zu Linux zu bewegen, irgendwann für mich der Grund, selbst sehr aktiv zu werden.

Ich bin ein Dinosaurier aus dieser Zeit. Ich habe mir schon an den alten Commodore-Geräten viel selbst beigebracht, durch Zeitschriftenartikel gelernt, die ersten schlecht gedruckten Bücher geholt. Damals saß man alleine da, keine schnelle Hilfe war möglich, entweder man biss sich durch oder einen bissen die Hunde. Was man erfuhr, schrieb man auf, gab es weiter, erzählte es sich bei konspirativen Copyparties. Erste HowTos für die Heimcomputerszene entstanden. Bei Linux, ich mache einen Sprung, war dies noch viel mehr gegeben. Man konnte tief blicken, sich einlesen, einarbeiten, probieren und studieren, weitergeben und erhalten. Closed source kills community.

Es hat sich geändert. Die Zeit. Der Nutzertyp. Die Software. Es gibt sie immer noch, die alten Haudegen, denen eine Frage unterkommt, die sie gerne beantworten, dazu schreiben sie aber auch gleich noch eine betreffende Mini-Anleitung. Dann die ganz alten Dinosaurier, fressen und gefressen werden, "RTFM". Der User, der sich mit einer Frage an eine helfende Community wendet, der eine Lösung bekommt und sie nochmals mit seiner Frage und dem Lösungsweg in einem HowTo manifestiert. Und der Mainstreamnutzer, der schnell den Support braucht, dann aber auch schon wieder bis zum nächsten Problem in der Versenkung verschwindet. Obwohl Linux mittlerweile nach dem Geek-Faktor und der Coolness-Welle in die Normalität der Computerbenutzer übergeht, darf es nicht sein, dass eine Mentalität entsteht, die sich an die Grundzüge geschlossener Software im Bereich Nutzerverhalten angleicht. "Es muss so gehen, und wenn nicht, erklärt es mir gefälligst oder ich schreie, dass dies alles scheisse ist". Sicherlich kann man User nicht zwingen (und soll es auch nicht), selbst aktiv zu werden, aber man kann ihnen wieder und wieder die Vorteile aufzeigen, ihnen die Möglichkeiten anbieten, ihnen zeigen, was Community ist und welche Vorteile sie hat. Egal, ob es sich um Linux handelt, um *BSD, um geschlossene Systeme wie MacOS und Windows, bei denen vielleicht aber eine Community, die sich hilft, mit "freien Anleitungen", sogar noch wichtiger ist.

Dazu fand ich in der Mailingliste freebsd-questions einen sehr schönen Absatz in einer Mail, den ich hier widergeben möchte. Bei Bedarf kann dieses Absatz auch gerne noch übersetzt werden, aber ich denke, im englsichen Original schwingt irgendwie die Message, die vermittelt werden soll, besonders gut mit.

[....]

I tell you... learning one thing is not about the
those fancy Documents and instructions that would help
you out along the way... It's about having that
willingness and passion to learn that thing.. It's
about having the confidence that, "hey, if they've
learned this, why can't I?!" Knowledge is a long race,
and don't you worry my friend.. you're not the last in
this race... 'cause no one has ever gone too far..

Hope this thought would help you out and all of
those beginners like "us" whom would want to dwell
into the simple but complicated world of Unix
computing...

[....]


In meinen Augen ist es egal, welches System man benutzt, ob offen oder geschlossen, ob kommerziell oder nicht, ob bekannt oder eher aus der Freakecke, es ist wichtig, was es einem persönlich bringt, welchen Nutzen man daraus zieht, und was man daraus macht, für sich und für andere Nutzer.


Herzlichst, wo immer ihr auch seid.

Thorsten
 
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