Lindows-Angebot

Fly66

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( gefunden bei Süddeutsche Zeitung, 29.04.2003 )

Michael Robertson fordert mit seinem Lindows-Angebot
Microsoft heraus und verärgert zugleich die Linux-Gemeinde

Ein Rebell, ein Freibeuter, ein Herausforderer, ein Blender. Was gibt es nicht alles für Etiketten für Michael Robertson. 35 Jahre alt ist der Südkalifornier, und beschäftigt die Online- und Hightech-Gemeinde schon seit Jahren. Immer wieder hat er sich publicity- wirksam mächtige Gegner gesucht: Erst die Musikindustrie, als er noch vor Napster das Internet-Portal MP3.com für komprimierte Musikdateien einrichtete. Dann Microsoft und dessen mächtigen Chef Bill Gates, den er zunächst mit einem Betriebssystem auf Linux-Basis namens "Lindows" ärgerte und dann auch noch mit einem Wettbewerb, wer Microsofts Spielkonsole XBox am besten in einen Linux-Computer verwandeln könne.

"Ich sehe die größte Herausforderung darin, den Status Quo in Frage zu stellen", sagt er dazu stolz. Mit "Lindows" will er das Quasi-Monopol von Microsoft knacken, Anwender-PCs mit einem Betriebssystem auszurüsten. Und die umfunktionierte Xbox soll dazu die billige, wahrscheinlich auch noch von Microsoft subventionierte Hardware liefern. Doch erstaunlicherweise hat sich der Kalifornier damit in der Linux-Szene nicht gerade beliebt gemacht. Schuld daran sind Eigenheiten seines "Lindows", vor allem aber sein Marketing-Talent, mit sich Robertson, so die Vorwürfe, in den Vordergrund dränge - auf einen Platz, der ihm nicht gebühre.

Die umstrittene Aufmerksamkeit schürt ein Gerichtsprozess um Markennamen. Zunächst hatte Microsoft Robertsons Firma verklagt, weil "Lindows" mit "Windows" zu verwechseln sei. Doch dann hat der Kalifornier den Spieß umgedreht und Microsoft angegriffen: Das Wort "Windows" sei so allgemein und als Bezeichnung für die Fenster auf Computerbildschirmen schon so lange so gebräuchlich, dass der Markenname "Windows" gestrichen werden müsse. Das Gericht in Seattle, das darüber im April entscheiden wollte, hat die Verhandlung nun in den Herbst verlegt.

Währenddessen schmiedet Robertson eifrig Allianzen. Seit neuestem gibt es zum Beispiel einen deutschen Vertriebspartner für "Lindows". In Amerika werden Computer mit diesem Betriebssystem von der Billig-Kaufhauskette Walmart schon für 199 Dollar verkauft. Auch Mini-Laptops sowie Multimedia-PCs in Toaster-Form sind seit kurzem im Programm.

Vor einigen Monaten outete sich der Blondschopf zudem als Sponsor des 2002 anonym ausgeschriebenen "Xbox Linux Project": 200000Dollar sollte derjenige kassieren, der die Spielekonsole Linux-fähig macht. Das ist Ende vergangenen Jahres mit Hilfe modifizierter Chips gelungen, jetzt auch ohne Eingriff in die Hardware (siehe Kasten). Schließlich könne es ja nicht angehen, ließ Robertson verlauten, dass ein Hersteller vorschreibt, mit welcher Software seine Hardware betrieben werden darf.

Auch diese Initiative ist nicht nur ehrgeizig, sondern eitel - so wie Robertson selbst. Sein Scheitel sitzt stets so geschniegelt, als käme der dynamische Schnellsprecher gerade vom Spiegel. Zu Interviews lässt er sich samt PR-Entourage in schwarzer Limousine mit verdunkelten Scheiben vorfahren. Seine vorzugsweise blauen Business-Hemden sind aus feinstem Zwirn. Kaum verwunderlich, dass der braun gebrannte Manager, wie er selbst erzählt, schon zahlreiche Heiratsanträge bekommen und abgelehnt hat. Die Avancen dürfte der schöne Strahlemann auch der Tatsache verdanken, dass er hübsch reich ist. Vor zwei Jahren hat ihm die Plattenfirma Vivendi Universal mehr als 370 Millionen Dollar für MP3.com überwiesen.

Der Sunnyboy stand nicht immer auf der Sonnenseite des Unternehmerlebens. Nach Beendigung seines Psychologie-Studiums an der Universität von Kalifornien in San Diego 1990 versuchte sich der einstige Mac- Enthusiast und -Kolumnist erst einmal mit der Firma Media Minds an der Entwicklung von Foto-Software, was ihm nur Schulden einbrachte. Weitere Unternehmen, etwa ZCompany oder MRMacSoftware, waren ebenso wenig von Erfolg gesegnet. An das Musikgeschäft war Robertson dann Ende der 90er- Jahre eher zufällig geraten - ein, wie sich herausstellen sollte, goldener Griff. Bei MP3.com hat Robertson auch Linux als Server- Betriebssystem "lieben gelernt", sagt er - und verweist so selbstgefällig darauf, dass er das alternative Betriebssystem schon lange genutzt habe, "bevor Linux cool wurde".

Heute treibt wohl niemand die Entwicklung von Linux für Endnutzer-PCs schneller voran - zumindest medial gesehen: Kein Konkurrent, und damit sind andere Linux-Verkäufer gemeint, heimst derart viele Schlagzeilen ein wie das kalifornische PR-Talent. Und er schafft es auch stets geschickt, im Windschatten von Microsoft auf aktuellen Wellen mitzuschwimmen. Zum Beispiel mit der Präsentation eines Lindows-Tablet-PCs anlässlich der jüngsten Comdex- Messe - nur einige Tage zuvor hatten die Redmonder ihre Flachcomputer vorgestellt.

Dass Robertson sich zudem als führende Figur der Linux-Szene geriert, nimmt ihm diese Szene übel. Sein erster "Desktop Linux Summit", zu dem er Ende Februar in seine Heimatstadt San Diego eingeladen hatte, wurde von vielen boykottiert. Der Lindows-Chef hatte den bekannten Vordenker Bruce Perens ausgeladen, um selbst die Eröffnungsrede zu halten.

Auch gegen die technische Qualität seiner Produkte erhebt sich Grummeln. Sein ursprüngliches Versprechen, Nutzer könnten ihre Windows- Programme in "Lindows" laufen lassen, hat er eher still zurückgenommen: Er empfiehlt nun, das Programm "Wine" zu installieren, das aus der Linux- Gemeinschaft heraus entstanden ist. Dennoch vertreibt Robertson sein "Lindows" als geschlossenes Paket. Entgegen den Gepflogenheiten der Szene, die der Begriff "Open Source" (offene Quelle) beschreibt, kann also niemand den Programmcode einsehen und ändern. Das aber verstößt gegen den Grundgedanken von Linux, dass es kein geistiges Eigentum an Programmzeilen geben soll. Robertson tut die Angriffe als Futterneid ab: "Linux-Freaks regen sich so oder so auf über Lindows, da wir nicht den Open-Source-Gedanken hochhalten, sondern einen kommerziellen Weg gehen."
 
Hm und was ist so toll daran? Ok er wird es vermutlich nicht Schaffen MS zu kippen, und selbst wenn, dann gibt es halt eine andere Firma und er hat das Monopol. Und was ich mich am meisten frage, was macht das in einem _BSD_ Forum?
 
frage, was macht das in einem _BSD_ Forum?

Weil zum Ersten vermutlich die große Mehrheit von uns ursprünglich aus dem Linux Lager stammt und dessen Entwicklung weiterhin mit Interesse verfolgt, zum Zweiten es eben eine Nachricht aus der "Open-Source-Welt" ist und zum Dritten es nie schadet, über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen - ist wenigstens meine Meinung.

Grüße
 
Lindows oder Linux ist eigentlich vollkommen uninteressant.
Was aber Lindows dann doch interessant macht ist, das der Source Code nicht einsehbar ist. Wenn sich Lindows als Erfolg herausstellt, ist die Frage ob jemand klagt, oder, ob sich Nachahmer finden, und nicht sogar schon welche in den Startlöchern stehen.
Das macht die Meldung interessant. Mehr nicht.
 
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