tl;dr: Es ist alles nicht so einfach und wenn man von der theoretischen Welt in die Praktische Welt geht gibt's eher wenige Richtlinien zu dem was man machen oder nicht sollte.
Ich kann die Einstellung von Kamikaze zwar nachvollziehen, und kenne die Probleme, allerdings sehe ich genau diese Probleme bei Leuten mit und ohne Studienabschluss. Zwar frage ich mich dann immer, wie es sein kann dass so jemand den Bachelor oder Master gemacht hat, aber das ändert nichts an der Situation.
Bzgl. irgendwelche Patterns oder auch Algorithmen blind anwenden. Das sehe ich ehrlich gesagt bei Leuten mit Studium häufiger. Das sehe ich als ein Problem von "habe ich auf der Uni gelernt, also muss das wohl erwartet sein". Gibt's aber auch bei Nicht-Studenten. Da ist das dann eben ein "habe ich in einem Buch/Artikel gelesen und dürfte gut sein".
Ich rede jetzt von Unis die einigermaßen renommiert sind. Zunächst habe ich mir erwartet, dass da Leute vielleicht nur auf irgendwelchen kleinen, privaten "Geld gegen Abschluss"-Unis ist, aber dem ist nicht so.
In meiner Branche suchen wir händeringend Personal, weder ist die Bezahlung im Vergleich gut noch sind es die Arbeitsbedingungen.
Trotzdem, ohne Abschluss hast du keine Chance bei uns einen Platz zu finden.
Da klingt aber in dem Fall ziemlich nach einem "selber Schuld, kein Mitleid". Mal ehrlich, ist das Ziel von denen ehemaligen studierenden eine Pension zu geben? Macht doch irgendwo dann auch keinen Sinn sich da einzugrenzen und dann noch mies zu bezahlen und schlechte Arbeitsbedingungen zu haben.
Als wir noch ein kleine Bude mit 20 Leuten waren gab's noch Quereinsteiger jetzt sind wir ein Teil einer großen Firma, die bezahlt nach objektiven Kriterien wie Hays, Verdi etc.
Ich verstehe das zwar, dass so "objektive Kriterien" verwendet werden, finde auch die Intentionen gut, aber die Sache ist, dass diese Kriterien schnell einmal Humbug werden. Das habe ich schon mal wo mitbekommen. Da gab's ein Bewerbungsgespräch, die Leute waren ziemlich begeistert, nachdem die ein paar Interview-Projekte gemacht haben und er mal mit dem Team gearbeitet haben, haben ihm eine Position für eine Abteilung angeboten und so weiter. Er hat eine mündliche Zusage bekommen, etc. Dann ist HR hergekommen und hat so nach den Details gefragt, hat den laut objektiven Kriterien (kein Scherz) als Junior kategorisiert, wollte entsprechend bezahlen. Die Anderen sind dann vor Scham rot angelaufen. Oh und ein Dienstzeugnis musste auch noch gebracht werden, weil alles seine Ordnung haben muss. Ist dann erst Wochen oder Monate später passiert. Irgendwie haben sie dann doch noch tricksen können, dass der "Junior" dann formell Junior blieb, aber so halb-leitend tätig war.
Hab's schräg gefunden, dass der das mitgemacht hat. Aber kann ja nicht in Leute reinschauen. Ich frage mich bei solchen Unternehmen immer wie die überleben, aber da sieht man mal war wie viel Glück da eine Rolle spielt. Die waren ein paar mal zur richtigen Zeit am richtigen Ort, haben deshalb lukrative Verträge geschlossen und sind dementsprechend gut gepolstert. Aus Partnerseite funktioniert es gut genug, man ist eingespielt und es wäre ein Verlust da jemanden anzusetzen, um das zu evaluieren. Da geht's eher um einen Bruchteil.
Das Unternehmen hat deshalb grandiose Referenzen. Die Leute dürften hauptsächlich auf Grund der Stabilität und eher laxeren Arbeitsweise bleiben. Bezahlung und HR sind wohl ein Manko, aber wenn der Rest passt dann ist das wohl für viele Leute genug. Die starren (sinnbefreiten) Strukturen werden wohl durch Chaos in den Teams und Abteilungen ausgeglichen.
Ich weiß, das sind jetzt alles Anekdoten, aber es ist an der Praxis und der Realität orientiert. Es bringt meines Erachtens nicht viel, wenn man da zu sehr abstrahiert. Da kommt man dann schnell vom Realen ab. Da spielen extrem viele Faktoren mit rein. Man kann da schon pauschal sagen, ein Uni-Abschluss ist auf jeden Fall eine gute Sache, aber ich glaube der Thread-Ersteller wird sich dessen bewusst sein. Es gibt aber auch viele Situationen wo man effektiv umsonst studiert hat. Zumindest von dem was ich so gesehen habe ist das viel häufiger der Fall als nicht. Dieses geballte Wissen das man bekommt und das gut und wichtig ist ist halt meist nur ein Teil von dem was man dann in dem Job indem man landet macht, das Wissen dass man sich aneignet wo man hin will kann man sich häufig auch anders aneignen und weil hier oft von "wenn man älter ist" geredet wird. Entweder geht es hier um Wissen das einigermaßen frisch geblieben ist, dann hat man das in der Zeit schon auf über-Uni-Ausmaß perfektioniert oder man kann sich eher dunkel daran erinnern, dann muss man sich das eher ohnehin neu anwerben.
Das Lernen ist ohnehin noch ein Thema für sich. Ob man auf einer Uni, selbständig, im Job oder irgendwie anders am Besten lernt ist was anderes. Was immer wichtig ist, ist nicht nur auf Tests hin zu lernen, in Übung zu bleiben und nicht gleich wieder alles zu vergessen. So "ja, hab ich zuletzt an der Uni gemacht"-Sätze höre ich doch recht häufig. Was das effektiv bedeutet ist dass man keine Ahnung davon hat, eben weil seither vergessen. Sachen aufschnappen ist zwar schön und gut, aber dafür braucht man echt keine Uni.
Letzte Sache: Das soll nicht heißen, dass ich jemandem von einer Uni abraten würde und das heißt keinesfalls dass es nicht deutlich schlechtere Lebenswege gibt. Wenn ich sehe, dass jemand auf einem Code-Camp oder ähnliches gemacht hat ist das eher ein schlechtes Zeichen. Da kenne ich noch keine Ausnahmen bzgl. dem was Kamikaze geschrieben hat.