Zaurus und OpenBSD

kili

just me
Moin,

vor ein paar Monaten hatte mich simonz mal gebeten, etwas ueber OpenBSD und den Zaurus zu schreiben. Nun, ich werde versuchen, mich kurz zu fassen, so viel gibt's da auch nicht zu berichten.

Fuer Informationen ueber die Hardware moechte ich auf die einschlaegigen Seiten verweisen (z.B. tripod.de oder auch kd85.com). Ich selbst habe einen CL-3000, aktuell scheint aber der CL-3200 zu sein, der etwas duenner und leichter ist, ein 6GB-Microdrive (CL-3000: 4GB) eingebaut hat, sowie meines Wissens auch etwas mehr Flashmemory als der CL-3000 hat. Ansonsten sollten die Geraete weitgehend baugleich sein.

Ich hatte meinen Zaurus vor etwas mehr als einem Jahr bei Wim bestellt; schwach geworden bin ich, nachdem ich das Dales Zitat "people walk around with kernels compiling in their pocket" auf kernaltrap.org gelesen hatte (http://kerneltrap.org/node/5186).

Nachdem das Geraet bei angekommen war, war erstmal Anschliessen ans Netzteil und Laden des Akkus angesagt. Erster Start: Schock! Linux mit qtopia, alles auf japanisch. Nach einiger Suche bei Google hatte ich dann aber eine Anleitung gefunden, wie man das System weitgehend auf englische Sprache konfigurieren kann -- ohne das haette ich den OpenBSD-Installier wohl niemals draufbekommen.

Die Installation von OpenBSD ist etwas haarig, da man erstmal das Microdrive repartitionieren und anschliessend den OpenBSD-Installer (openbsdXX_arm.ipk) sowie mindestens bsd.rd draufkopieren muss. Das geht zunaechst noch ueber USB. Leider unterstuetzt OpenBSD den USB-Host-to-Host-Modus nur mit spezieller Hardware, deshalb sollte man fuer die weitere Installation am besten ein USB/Ethernet-Dongle zur Hand haben. Danach erfolgt dann die Installation wie auf allen anderen Plattformen.

Wenn man dann OpenBSD erstmal installiert hat, laesst sich der Zaurus eigentlich wie jeder andere Rechner benutzen, nur dass alles etwas kleiner (und langsamer) ist.

Powermanagement: ich lasse den apmd(8) im automatischen Modus laufen, d.h. sobald der Zaurus nicht am Netz haengt, wird er automatisch auf 91 MHz heruntergetaktet, solange er idle ist. Wenn die CPU dann doch etwas zu tun bekommt, wird sie in mehreren Schritten wieder hochgetaktet bzw. beim Idlen dann auch wieder heruntergetaktet. Funktioniert soweit ganz gut. Die theoretische Akkulaufzeit von drei Stunden wird man aber wohl nur bei ausgeschaltetem Display und nur wenig CPU-Last erreichen koennen. Apropos: im Gegensatz zu Linux schaltet OpenBSD nicht in den Sleep-Modus, wenn das Display geschlossen wird (siehe oben, "kernels compiling in their pocket").

Sleep-Modus funktioniert recht gut, allerdings gab es mit dem CURRENT kernel zwischenzeitlich mal arge Probleme -- der Zaurus wollte nicht mehr aufwachen. Inzwischen scheint das aber behoben zu sein. Wichtig: wenn sich der Zaurus doch mal komplett weggehaengt hat, reicht es, ihn mit dem Stift ueber den im Akkufach angebrachten Resettaster zurueckzusetzen und anschliessend wieder anzuschalten.

Wenn man nicht mehrere Stunden am Stueck mit dem Zaurus arbeitet, sondern ihn immer brav in den Sleep-Modus schickt und nur bei Bedarf aufweckt, kommt man aber durchaus einen ganzen Tag mit einer Akkuladung hin. Noch ein Beispiel fuer die Laufzeit: Warwalking mit kismet, einem wi(0) sowie einem laufenden gpsd nebst angeschlossener USB-GPS-Maus: nach 75 Minuten war der Akku zwar fast leer, der Zaurus lief aber noch, d.h. ich hatte noch genug Zeit, ihn ans Netzteil anzuschliessen. Sollte man den Akku trotzdem mal komplett leergelutscht haben, schaltet OpenBSD inzwischen automatisch in den Sleep-Modus.

Performance: die CPU-Leistung reicht fuer normale Arbeiten in der Shell komplett aus, und auch wenn der Zaurus auf 91 MHz heruntergetaktet ist, kann man noch problemlos Manpages lesen, mit dem vi(1) arbeiten, etc.

Grandiose Zeiten beim compilieren von Software sollte man aber nicht erwarten. Das bauen eines GENERIC-Kernels dauert ca. 1 Stunde (allerdings mounte ich das Sourceverzeichnis immer ueber NFS, was evtl. noch eine zusaetzliche Bremse ist).

X11 geht, allerdings dauert z.B. der Start eines xterms schon mal 5 Sekunden oder laenger. xpdf funktioniert auch ganz brauchbar, aber man sollte hier wirklich keine Wunder erwarten. blender z.B. will man definitiv nicht auf dem Zaurus laufen lassen (auch wenn ich das spasseshalber mal gemacht habe).

Der bedeutendste Performancekiller aber duerfte das relativ langsame Microdrive und die etwas knappen 64 MB RAM sein -- wenn der Zaurus zu swappen anfaengt, dann wird es wirklich grauenhaft langsam. Andererseits ist es wirklich interessant, mal so etwas wie den kismet-Port auf dem Zaurus zu bauen -- zeitweise ist er da mit 64MB RAM und 64 MB Swap komplett am Anschlag -- aber irgendwie bekommt man trotzdem noch eine Shell (da sind dann wohl doch noch ein paar kB irgendwo aufzutreiben).

Was geht noch? Vor einem knappen Jahr hatte ich mit einem Kollegen mal ein paar Tests durchgefuehrt, unter anderem den Apachen auf dem Zaurus angeworfen, meine CF-WLAN-Karte (wi(4)) angeschlossen und konfiguriert, und dann von einem Powerbook aus einen Apache-Benchmark angeworfen. 100 parallele Zugriffe, mit ca. 75 Responses pro Sekunde. Nicht schlecht fuer so ein kleines Teil, auch wenn's nur statische Seiten waren.

Neben der ganz alltaeglichen Arbeit (Mail, Doku lesen, C- und Shellprogrammierung) kann man den Zaurus natuerlich auch prima zum Surfen verwenden, vor allem wenn man ihm eine WLAN-Karte verpasst. Ich bevorzuge als Browser links+, sowohl in der Console als auch unter X (wenn ich's mal bunt brauche).

Ich hatte auch schon mal ueberlegt (und ueberlege immer noch regelmaessig), ob ich mal versuchen sollte, qtopia fuer OpenBSD zu portieren, aber das duerfte kein Spaziergang sein -- man braucht bloss mal einen Blick auf Marc Espies qt4-Port zu werfen, um einen Eindruck zu bekommen, *was* da auf einen zukommt. Mal davon abgesehen, dass man erstmal einen passenden Grafiktreiber fuer qtopia implementieren muss.

Aber egal, fuer mich ist der Zaurus auch so schon ein prima Geraet. Ich kann immer einen Rechner mit meinem Lieblingsbetriebssystem in der Tasche haben, auch wenn ich mal keine Lust auf Rucksack und (schweres) Notebook habe.

Noch etwas zum Schluss: die Console auf dem Zaurus (und auch auf macppc) war in der Vergangenheit schmerzhaft langsam. Gestern hat miod@ jump scrolling committed, was die Console auf macppc um den Faktor 15, auf dem Zaurus vermutlich noch mehr beschleunigt hat. Das duerfte dann in der 4.0-Release auch enthalten sein.

So, das war's erstmal. Falls noch Fragen sind, einfach hier posten.
 
Bau mal einen NetBSD Kernel auf einem Jornada, da hast du mit einer Stunde noch richtig Dampf dahinter :D
Wenn das Teil nicht so verdammt viel Geld kosten würde...
 
Von der Laufzeit her machen die Zaurus ja nicht viel Sinn. Ich kann auf meinem PalmOS Gerät problemlos einen 120min Film sehen oder 6 Stunden Musik hören. Wenn ich auf den Multimedia kram verzichte kann ich auch mal 1 oder 2 Wochen auf das Nachladen verzichten.
 
Nochmals vielen Dank, kili!

Wie ist die Tastatur des Zaurus eigentlich zu handhaben? Also das sie klein ist, ist wohl klar.
Aber die Tasten im Allgemeinen?
 
simonz schrieb:
Wie ist die Tastatur des Zaurus eigentlich zu handhaben? Also das sie klein ist, ist wohl klar.
Aber die Tasten im Allgemeinen?

Die sind von Modell zu Modell unterschiedlich. Generell gilt: 10-Finger-Schreiben ist nicht, die 2-Daumen-Methode hat sich da bewährt.

Ich habe noch einen alten C860 zuhause rumliegen, den ich seit gut einem dreiviertel Jahr nicht mehr benutzt habe. ;'( Der hat noch eine Folientastatur (d.h. Tasten aus Gummi, die knacken statt klicken). Die neueren Modelle haben AFAIK bessere Tasten (C1000 und aufwärts). Das Layout ist englisch, mit einigen japanischen Beschriftungen, Sondertasten wie Alt und Ctrl sind teilweise ungewöhnlich belegt.

Schau mal im Zaurusforum unter http://www.linuxontour.de nach, da findest Du sicher weitere Infos. In der aktuellen iX ist auch ein Artikel über den C3200 drin, der aber meines Erachtens recht schwach ist (den Artikel meine ich natürlich).

juergen
 
Zuletzt bearbeitet:
[LoN]Kamikaze schrieb:
Von der Laufzeit her machen die Zaurus ja nicht viel Sinn. Ich kann auf meinem PalmOS Gerät problemlos einen 120min Film sehen oder 6 Stunden Musik hören. Wenn ich auf den Multimedia kram verzichte kann ich auch mal 1 oder 2 Wochen auf das Nachladen verzichten.

Nun, PalmOS != OpenBSD. Und ich sehe den Zaurus eher als extrem eingelaufenes Notebook denn als PDA.

Apropos Multimedia: MP3s mit madplay abgespielt verbrauchen offenbar hinreichend wenig CPU-Zeit, um bei *zugeklapptem* Display auch durchaus die drei Stunden durchzuhalten zu koennen, aber genau habe ich das noch nicht gemessen.

Videos: schwierig, da das z.Z. allenfalls mit dem mplayer unter X11 geht, und das ist dann arg langsam und ruckelig.
 
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