Da wurde ich in den letzten Beiträgen zitiert und ich will deshalb kurz nachlegen.
Was goblin erklärt, verstehe ich. Also, ich verstehe es nicht wirklich, sehe aber durchaus, dass andere auch abweichende Erfahrungen haben und ganz besonders dann, wenn sie sich besser auskennen. Es ist ja allgemein so, dass man umso mehr Details sieht, wenn man sich tiefer in eine Materie einarbeitet. Mir, als unbedarftem Endnutzer, sagen solche Begriffe "Upstart vs Systemd vs SysVInit" gar nichts, deshalb kann ich derartige Unterschiede natürlich auch nicht würdigen.
Was anderes, das mir da so durch den Kopf ging, nach der Reaktion von Daemotron:
In meiner Sehweise mancher Linux-Distributionen können wir im Grunde genommen auch nicht von "einem FreeBSD" reden.
Wir haben ja die Wahl zwischen mehreren, derzeit etwa 8er, 9er und demnächst 10er Versionen und dann innerhalb dieser Versionen auch noch die unterschiedlichen Zweige. Das sind quasi alles unterschiedliche Distributionen mit eigenen Repositries.
Also, für mich ist der Unterschied von einem FreeBSD zu einem anderen manchmal offensichtlicher, als derjenige zwischen zwei angeblich vollkommen unterschiedlichen Linux-Distributionen. Zumindest wäre es gerechtfertigt (so man das überhaupt möchte), von unterschiedlichen Distributionen und nicht nur Versionen bei FreeBSD zu sprechen. Das macht man nicht, weil alles einer Entwicklungslinie folgt und aus dem gleichen Stall kommt. Das Schlüsselwort scheint mir die Einigkeit zu sein.
In der Linux Welt sehe ich viel weniger Einigkeit.
Angefangen von den generellen Entwicklungen, wie etwa Linux selbst, bis zu den letzten Paketen, ist alles stark verteilt und es gibt verhältnismäßig viele Entwickler. Dass da vergleichsweise viele Meinungen ins Spiel kommen ist mir klar. Dass diese nicht unter einen Hut zu bringen sind, ist Systembedingt und dass dann immer wieder neue Gedanken tatsächlich realisiert werden, führt letztlich auch zu den vielen unterschiedlichen Versionen, die dann in immer neue Distributionen einfließen, bis sich vielleicht ein Mainstream durchgesetzt hat. Im Grunde erlebten wir das mit der Abspaltung von OpenBSD und zuletzt DragonFly-BSD doch ganz ähnlich.
Das war schon so, als ich noch GNU/Linux nutzte. Ich möchte das nicht bewerten oder gar als schlecht darstellen. Ich versuche mir etwas aus dem Zusammenhang meiner Beobachtungen heraus zu erklären, ohne wirkliche Details zu kennen.
Wenn ich nun auf den Anwender blicke, sieht das natürlich sehr viel anders aus, als wenn jemand sich dazu äußert, der die Details kennt.
Aus der Vergangenheit lernte ich immer wieder, dass trivialste Unterschiede Anlass für ein Distributions-hopping waren. Da hatte eine Distro vielleicht XFCE als Default und wurde daher gemieden und eine andere bot KDE und wurde deshalb genommen. Einmal stellte jemand ein Ubuntu-Derivat für Musiker zusammen. Also, der programmierte nicht etwas neu, der stellte nur Programme aus den Repositries zusammen, die er wünschenswert für Musiker hielt. Ein Anwender erklärte mir mal, dass er sich ja das mit dem Linux gestern auch mal angesehen hat und nichts daran findet. Versteht ihr? Ich sehe mir FreeBSD seit Jahren an und verstehe es noch immer nicht. Wie kann jemand einen Tag lang eine einzige Linux-Distribution ansehen und erkennen, was da abgeht?
Die Schilderungen meines Standpunktes oder besser gesagt, meine Frage danach, wieso wir da überhaupt so viele Distributionen haben, die bewegte sich eher auf diesem Niveau.
Von daher ist es für mich der vielleicht bedeutendste Unterschied zwischen Linux und FreeBSD, dass FreeBSD als Einheit daher kommt und man dann ein System mit allem anderen selbst aufbaut, während ein Linux-System schon an der Basis aus den unterschiedlichsten Komponenten gemischt werden kann, dann aber viele Distributionen bis ins Detail vorgeben, wie das System mit welchen Paketen schließlich aussehen soll.
Projekte, wie Linux from Scratch, finden nicht den Weg in die Hände von Endanwendern und kaum jemand lernt die notwendigen Techniken, um sich ein System selbst aufzubauen. Hätten wir nur diesen Weg, bräuchten wir wohl nicht derart viele Distributionen mit GNU/Linux, hätten aber wohl auch viel weniger Anwender.
Es ist vermutlich sehr kompliziert, sich ein GNU/Linux oder GNU/Hurd oder GNU/kFreeBSD selbst zusammen zu schustern. Vermutlich ist es noch komplizierter, sich Linux überhaupt selbst zusammen zu stellen, also nicht nur einen fertigen Kernel nehmen, konfigurieren und neu bauen, sondern selbst Module hinein zu nehmen, um etwa neue Wlan-Chips mit einem Blob zu unterstützen. Das sind Aufgaben, die mich überfordern und vermutlich die allermeisten Anwender von GNU/Linux ebenso.
FreeBSD zu nehmen, (mit Hilfe dieses Forums) zu installieren und dann nach und nach einen eigenen Desktop auf dieser Grundlage zu bauen, das überfordert mich nicht. Natürlich habe ich keine sehr hohen Ansprüche, aber es geht.
Deshalb ist GNU/Linux geradezu auf Distributionen angewiesen, die dem Anwender schon vorgefertigte Lösungen anbieten. Diese Lösungen können natürlich mehr oder weniger weit gehen, da sehe ich ja durchaus auch deutliche Unterschiede.
Aber, um es vielleicht an einem erfunden Beispiel zu verdeutlichen, ob ich nun ein GNU/Linux10.4 für Musiker, eines für Schriftsteller, eines für Mediziner, eines mit XFCE und eines mit KDE, eines mit Upstart und noch eines mit Systemd , eines für Server und eines für Laptops und vielleicht noch eines für PAD-PCs brauche und dieses jeweils eine eigene Distribution nenne, das finde ich fraglich. Und dann natürlich mit 10.6 alles für alle wieder weiter führe und dann keine zentrale Entwicklung für die verschiedenen flavors habe, sondern alles irgendwie Schnellschüsse sind, die aus purer Lust mit Feuereifer losgetreten werden, aber ebenso schnell wieder fallen gelassen werden können.
Wahrscheinlich gibt es da irgendwo einen goldenen Weg, meist nahe der Mitte. Mein Eindruck ist derzeit, wie schon seit Jahren, dass eine unsinnige Distributionswut sich noch immer bei GNU/Linux austobt und viel überschüssige Energie unsinnig bindet. Das kommt mir (ich werde nicht müde, das zu sagen: mir unbedarftem Endanwender ohne weitere Kenntnisse) manchmal ein wenig vor, wie eine Kindergarten-Klasse beim Zoo-Besuch.