ich danke ebenfalls für diesen Beitrag.
Steve Jobs ist gestorben und als Tod einer bekannten Persönlichkeit wurde das in allen Medien auf die ein oder andere Weise behandelt, es blieb niemandem verborgen. Das muss nicht diskutiert werden, ob jemand diese Aufmerksamkeit verdient und wodurch.
Unabhängig vom Medieninteresse hat sicher jeder seinen eignen Schwerpunkt und der ist bestimmt ganz und gar individuell geformt. Wie sich niemand für das Schicksal der hungernden Kinder interessiert, weil niemand die kennt, so wird es kaum jemanden interessieren, wenn einer aus meiner Verwandtschaft stirbt, denn ich habe niemanden in der Familie, der für die Öffentlichkeit von Interesse ist. Trotzdem wird es mich sehr traurig machen.
Steve Jobs war allen ein Begriff, weil das, was er öffentlich leistete, in den Medien präsent war.
Das trifft auf Dennis Ritchie oder Ken Thompson nicht zu.
Es trifft vielleicht auf Linus Torvalds oder Richard Stallman zu, weil auch die zu Frontfiguren für eine Sache und eine Idee geworden sind. Entsprechend dem Bekanntheitsgrad fällt dann die Aufmerksamkeit in den Medien aus, was in einem Rückschluss logischerweise sich selbst füttert und schließlich bei den öffentlichen Nachrufen und vielleicht der ein oder anderen Biografie endet.
Die Leistung, die den einzelnen Personen zu Gute gehalten wird, ist mitunter vollkommen abhängig vom Bekanntheitsgrad, nicht unbedingt von der Wirklichkeit und vielleicht, wie so oft im Leben, nicht messtechnisch erfassbar. Da wird jeder ein eigenes Stück Sehweise hineintransportieren.
So sind für mich die Verdienste von Ken Thompson höher zu bewerten, als jene von Dennis Ritchie und die von Richard Stallman höher, als die von Linus Torvalds und wahrscheinlich tue ich damit all jenen sehr Unrecht, die im jeweiligen Team mitgeholfen haben und ohne deren Arbeit vielleicht gar nichts geworden wäre. Es wäre aber auch, um nun bei der Entwicklung von Unix zu bleiben, vielleicht gar nichts geworden, wenn Ritchie nicht für seine Abteilung die nötigen Freiräume durchgesetzt hätte, wenn ihr Arbeitgeber ihr Wirken eingeengt hätte, wenn nicht die ARPA aus Angst vorm bösen Russen das Multics Projekt einberufen hätte, wenn also letztendlich Hitler nicht den zweiten Weltkrieg begonnen hätte, an dessen Ende die Spaltung in die unterschiedlichen Blöcke stand, die ja dann den kalten Krieg und die Angst vorm Russen erst bedingte. Niemand wird Hitler für seine Verdienste um Unix würdigen wollen, das wäre auch wirklich zu weit hergeholt. Aber keiner der ursprünglich beteiligten leistete seinen Beitrag deshalb, weil er in die Zukunft sehen konnte und es für das heute existierende System tun wollte. Niemand machte das, damit ich heute diese Software nutzen kann. Wer weiß schon, was alles an super Ideen untergegangen ist und wieviel geniale Arbeit in Projekten steckt, die niemals weiter voran kamen und deshalb niemals gewürdigt werden. Ich weiß nicht, ob ein späterer, vielleicht eher zufälliger Erfolg ehemalige Leistungen besonders erwähnenswert macht.
Unabhängig von dieser Einschätzung ist aber meine Trauer, wenn ich über den Tod solcher Persönlichkeiten lese.
Sie fällt jeweils eher verhalten aus, weil ich niemanden von diesen Leuten persönlich kenne oder kannte, zu niemanden habe ich ein konkretes Verhältnis. Alles, wofür diese Leute stehen, sind Dinge, die ich gelesen habe und die ich für mich selbst ausdeute.
Das bedeutet aber nicht, dass ich die Anteilnahme nicht ernst nähme, die andere, stärker betroffene Menschen, öffentlich bekunden möchten. Gerade wenn eine Persönlichkeit, die jemand als bedeutend einstuft, nicht den entsprechenden Beitrag in den Medien erfährt, ist ein Beitrag in einem Forum angesagt und gerade in einem Bereich, wo man davon ausgehen darf, dass eine gute Anzahl der Leser ähnlich empfindet.
Ohne diesen Beitrag hätte ich nun nicht vom Ableben Ritchie's erfahren. Das zeigt ja schon, dass er für mein Leben keine direkte Bedeutung hatte. Weil ich aber um seinen Beitrag für die Software weiß, die auch ich nutze, möchte ich sein Wirken auch entsprechend würdigen. Das stimmt aber schon zu Lebzeiten und brauchte nicht erst den Tod dieses Menschen.
Für mich leitet sich daraus ein Apell ab, ehrlich gegenüber den Leistungen der Menschen zu sein und nicht immer auf der Suche nach dem Superhelden, der dann auch für die Medien besonders tauglich erscheint. Mehr Abstand zur Person, mehr Aufmerksamkeit der Sache gegenüber. Mehr Fakten, weniger Mythen.
Ich glaube, dass Dennis Ritchie in seinem Leben ein gutes Beispiel dafür abgab und niemals einen Höhenflug bekam und wegen seiner Zurückhaltung eben auch nie zum Medienstar wurde.
Und genau deshalb, weil er nämlich dadurch nur fernab des Medienstreams gewürdigt wird, danke ich für diesen Beitrag.