Entscheidung für FreeBSD?

Halt, halt. Fehlt es FreeBSD wirklich an Manpower, nur weil man nicht 1000 Leute wie der Linuxkern hat? Ich denke nicht. Zumindest nicht allgemein. FreeBSD hat eine hochmoderne SMP-Implementierung, von der sich so manches, großes System noch was abschneiden kann. FreeBSD ist für diverse Netzwerkprotokolle nach wie vor die Referenzimplementierung. FreeBSD hat eine der größten, wenn nicht sogar die größte Paketsammlung der freien Softwarewelt. FreeBSD ist ein Projekt, was trotz seiner relativ kleinen Größe nicht hinter der Konkurrenz zu verstecke braucht. Ganz im Gegenteil, es ist sehr sauber implementiert, hat einen klaren und aufgeräumten Code und meist durchdachte, ausgereifte Lösungen. Irgendjemand sagte einmal, dass FreeBSDler durch ihr kleines Team längerfristiger als Linuxer denken müssen und daher Dinge lieber gleich vernünftig machen und nicht dreimal. Dazu kann man stehen, wie man will. Aber ich habe das Gefühl, es stimmt in gewisser Weise schon.

Wo es FreeBSD traditionell mangelt ist der moderne "Desktopbereich". Halt Multimedia, um ein Beispiel zu geben. TV-Karten unter FreeBSD? Nur mit großen Schmerzen. Raumklang? Naja, inzwischen ist man fast da angekommen. 3D-Beschleunigung? Hmm... Einigermaßen. Aber das macht das System ja nicht schlecht. Es ist eine Frage der persönlichen Einstellung. ich habe diese Dinge nie gebraucht, vermisse sie auch nicht. Nutze im Falle des Falles halt Windows.

Für wen ist also FreeBSD? Halt für jeden, der es will! Ich betreibe produktive, kritische Kundensysteme unter FreeBSD 3 bis 7. Ich nutze es auf dem Desktop. Juniper baut ihre ganze Produktpalette darum auf. Cisco nutzt es ebenfalls in Produkten. NetApp und Isilon auch. Yahoo läuft fast komplett auf FreeBSD. Google hat Teile auf FreeBSD, vor allem im Backend. Etc. FreeBSD hat schon seinen Markt, auch wenn er eher klein sein mag. Und manch einer wird sich wundern, wie viele FreeBSD-Systeme da draußen eigentlich existieren. FreeBSD ist halt kein "out of the Box"-Wohlfühlsystem. Aber das will es auch gar nicht sein. Muss es auch nicht. Denn das decken neben gefühlt 120 Linuxdistributionen auch Windows, Mac OS X Server, Solaris und noch einige Exoten ab. FreeBSD ist eher was für die Spezialfälle, ein robustes System was einfach seine Arbeit macht und dabei sehr, sehr anpassbar ist. Bei vergleichsweise niedrigem Aufwand.

Wenn die Linux zusagt, nehme ein Linux. Red Hat, CentOS, egal. Wenn dir FreeBSD zusagt, nehme FreeBSD. Aber diese "Was wäre wenn?!"-Spiele bringen niemanden was. Wer kann in die Zukunft sehen? Gibt es FreeBSD in zehn Jahren noch? Sicher! Ich welcher Form? Keine Ahnung. Gibt es Linux in zehn Jahren noch? Sicher! Wird es den Markt dominieren oder weiter bei doch recht niedrigen Marktanteilen dümpeln? Weiß ich nicht. Weiß niemand. Am Ende ist es einfach ein Werkzeug, mit dem umgehen können muss und was einem zusagen sollte. Dem eigenen Geschmack entsprechen. Alles andere ist irrelevant.
 
Zum Thema aufgeräumtes System noch etwas: Ich habe vor kurzem einen FreeBSD Server von 6.1 (Uralt) auf 8.0-RC gebracht indem ich ein Tar-Extract + Backup zurückgespielen durchgeführt habe. Die Konfiguration hat ohne die kleinste Veränderung gespielt und in der Kernel-Config - ich nutze eigene Kernelkonfigurationen - musste ich 5 Zeilen ändern. In dieser Zeit ist bei meiner Linux Kernel-Config bildlich gesprochen kein Stein auf dem anderen geblieben und auch bei einigen Packeten der Debian Distri musste ich ein paar Sachen wieder zum laufen bekommen. Das System ist bei FreeBSD einfach sauber aufgebaut und in vielen Bereichen auch gut dokumentiert. Neue Funktionen und Änderungen werden sauber ins System eingepasst. Bei GNU/Linux wird da sehr viel mehr experimentiert und es werden Konzepte öfters umgeworfen. Für einen Server der jahrelang laufen soll finde ich die Stabilität von FreeBSD deutlich angenehmer.

Ausserdem gibt es auf BSD PF. Ich finde es immer wieder schrecklich, mit iptables/ip6tables zu arbeiten. :eek:
 
Ich wollte an dieser Stelle zu Skalierung von FreeBSD gegen Linux eigentlich nichts schreiben. Das tat ich bereits anderen Stellen in diesem Forum, welche über die Suche gefunden werden können und habe dem eigentlich nach wie vor nichts mehr hinzuzufügen. Aber nur eine Bitte. Hört auf, FreeBSD 4.9 für Vergleiche heranzuziehen. Man Vergleicht ja auch Windows 98 nicht mehr mit der Konkurrenz.
 
2. Warum wechseln eigentlich nahezu alle grossen Firmen auf Linux?
Von wo aus?
Meinst du, die wechseln von FreeBSD oder (Open)Solaris nach GNU/Linux? Oder kommen sie aus einer vollkommen anderen Welt und nehmen dann mit GNU/Linux den Erstkontakt zu Unix-Systemen überhaupt auf?
Das ist ein wenig unklar geblieben.
Fakt ist wohl, dass selbst "Spezialisten" oft keine Erfahrung mit einem anderen Unix sammeln, weil alle nur auf M$ Produke ausgebildet werden (und ja, ich habe religiös motivierte Gründe, die nicht zu mögen) und dann GNU/Linux als einzige Alternative daherkommt, weil eben durch viele Distros Enduser-ready. Wer heute kein Ubuntu installieren kann, wird vermutlich mit PCs überhaupt und grundsätzlich nicht zurecht kommen. Da gibt es Erfolgserlebnisse und deshalb auch Bekanntheitsgrad.
Es ist nicht schwer, sich nun Entscheidungsträger in Unternehmen vorzustellen, denen jeglicher technische Zusammenhang vollkommen verschlossen bleibt: Ah, ja, Linux, das haben die schon mal gehört und nun haben die auch noch Linux-Experten in der Firma, toll, das nehmen wir dann!
Genau das befürchte ich, wenn es wirklich so ist, dass immer mehr Firmen sich nun für GNU/Linux entscheiden (was ich sehr begrüße, nebenbei bemerkt). Ich vermute mal, dass solche Entscheidungen nicht in erster Linie durch nüchterne Abwägung technischer Gegebenheiten entstehen. Da kann es vielleicht von Vorteil sein, dass es GNU/Linux für unglaublich viele Architekturen gibt, obwohl in der Praxis nie was anderes eingesetzt wird, wofür es auch FreeBSD gäbe. Es kann so weit gehen, dass sich für GNU/Linux entschieden wird, weil der Sohn des Chefs gerade eben erfolgreich ein Ubuntu installiert hat und den alten nun dafür begeistert.

Also kurz. Solche Aussagen sind meist ungenau und diffus und oft gar nicht nachvollziehbar und Erfahrungsgemäß liegen die Gründe für Entscheidungen nicht in einem Bereich, den wir "normale" noch verstehen können.
Wir sollten deshalb stets eher an der technischen Seite bleiben, was allerdings in den vorhergehenden Beiträgen ja auch passiert. Es gibt Unterschiede und ich vermisse manches aus der GNU-Welt immer noch, doch arbeiten kann ich mit FreeBSD und darauf aufsitzenden Programmen ganz ausgezeichnet. Ich nutze es als Desktop-System, natürlich nicht FreeBSD direkt, aber auf diesem Unterbau aufbauend einen X-Server, Desktop-Umgebung und zahlreiche Anwendungen, die viel eher verdächtig sind. Was ich da meine: wenn Flash gefährlich ist, ist er es nicht nur für FreeBSD, sondern auch für alle anderen, die ihn nutzen und in dem Umfeld fühle ich mich auf jedem Unix dann noch immer sicherer, als auf einem M$. Die Anwendungen rund ums System machen den Hauptteil des Gefährdungspotentials aus (ich glaube Yamagi erwähnte es weiter oben bereits). Das gilt unabhängig davon, welches System nun den Unterbau liefert.

busybox/Linux , das wird bei mir niemals gepatched. Ich nutze es auf insgesamt vier Rechnern. busybox ist eh recht fest und unverrückbar und Linux, nun, ich weiß nicht, ob nicht gerade durch neuere Versionen und Patches erst Unsicherheit ins System getragen wird. Mir missfällt insbesondere die Praxis, nun auch verschlossenen Code zu verwenden, um manche HW zu unterstützen und wer baut sich heute wirklich noch eigene Kernel? Besonders bei Linux ab 2.6?
Nein, auch hier sind es die Anwendungen, die sehr viel verdächtiger sind und viel mehr Aufmerksamkeit erfordern!

Einen kleinen Nachsatz habe ich dann natürlich auch noch: was meint denn Support? Wer garantiert den und wen kannst du in Regress nehmen, wenn er doch nicht geleistet wird? Du hast entweder eine Firma, die das tut und wenn die nicht vorher bankrott ist, liefert sie dir für ihr System Support und bedient sich dabei der stets offenen Quellen, oder du machst das alles irgendwie selbst. Support für wirklich lange Zeit ist da immer so ein Ding...
 
Mir stellt sich nun folgende Frage: Für wen genau ist FreeBSD 2010 gedacht? Für Firmen kann es nicht sein. Aus dem von mir beschriebenen Grund. Für Privatanwender? Oder für BSD Entwickler?

Die Frage ist wirklich extrem simpel zu beantworten:
Ein System ist nur nutzbar, wenn es dafür die SW gibt, die man benötigt.
Dies ist bei der Entscheidung für ein System massgeblich.

Wenn es mehrere Systeme gibt, die die Anforderungen erfüllen, stellt sich die Frage, wie gut die SW auf den verschiedenen Systemen skaliert, wie sicher der ganze Wahnsinn ist und welchen Wartungsaufwand die Systeme benötigen.

Dannach kommen in der Entscheidungsfindung dann die Feinheiten.

Das es nichts für Firmen ist halte ich für wirklich ausgemachten Unfug, gerade hier trifft das Profil von FreeBSD sehr oft zu.

Seltener passt das Profil auf Desktopanwender, es sei denn, sie wollen Karmapunkte, durch hohe Leidensfähigkeit ergattern, oder sie sind einfach komplett wahnsinnig - so wie ich.
 
Zuletzt bearbeitet:
Meine persönliche Einschätzung:

#1 Wenn ich mir denke ich würde für einen Server OpenBSD verwenden, dann ist das bei mir schon mal zum scheitern verurteilt - ich kenne mich mit den Internas von OpenBSD einfach nicht gut aus und würde so aus einem ansich "sicherem" System einen unkontrollierbaren Haufen machen!

#2 FreeBSD ist für mich soweit wartbar und wird verstanden, dass ich mir zutraue es als Ersatz für Linux einzusetzen. Welches bei uns im Haus auf kritischen Produktivsystemen läuft.

#3 Mich stört, im Vergleich zu z.B. CentOS, dass durch die Trennung von Userland und OS es kein Backporting bezüglich Patches zu Sicherheitslücken gibt. Ich bin immer noch der Ansicht dass ein einmal hochgezogenes CentOS System durch die Sicherheitsupdates über die Repos weniger angefasst wird als ein FreeBSD durch nen portupgrade (auf die jeweils aktuellste stable Version der jeweiligen Entwicklerteams)
Bei FreeBSD hast ja auch die Userland Binaries zum TagX, aber die werden dann nicht mehr gepatcht oä. -> Portstree
Konkret: bei CentOS hab ich beispielsweise PHP Version 5.2.6-patchlevelX wenns was zu patchen gibt. Die Version bleibt gleich. Mittels Portstree verfolge ich halt den aktuellen Releasezweig rauf, in diesem Fall 5.2.x. Positiv? Negativ? Weiß nicht recht!
Naja, eigentlich verlässt man sich im Fall von CentOS auf RedHat (zwecks Patches), bei FreeBSD auf die Entwickler der jeweiligen Packages.
Man korrigiere mich bitte wenn ich da falsch liege!

#4 FreeBSD ist einfach cool! ;-)

#5 Alles weitere ist Szenariobezogen. Die jeweiligen Anforderungen sollten zum größten Teil die Entscheidung finden. Nicht umgekehrt.
 
Hallo,

ich möchte nur kurz mitteilen das ich mich für FreeBSD und für Linux entschieden habe.

An Linux komm ich einfach nicht vorbei und das will ich auch garnicht. Linux ist Weltklasse.

Und an BSD will ich einfach nicht vorbei. Mittlerweile hab ich mich weiter damit auf meinem Server beschäftigt und soviel darüber gelesen das es irgendwie ein Teil von mir geworden ist. :)

Jetzt muss ich nurnoch mit eurer Hilfe entscheiden wo genau ich BSD in meinem Netzwerk einsetze.

Nebenbei ist mir klargeworden das gerade auch durch den kombinierten Einsatz verschiedener stabiler Betriebssysteme, wie BSD und Linux, das Höchstmaß an Verwundbarkeit des gesamten Systems dramatisch reduziert werden kann.

Und wenn man es dann noch ein bischen schlau aufbaut nimmt nichtmal die Warscheinlichkeit der Verwundbarkeit zu, welche ja normalerweise mit der Anzahl verschiedenartiger Ziele, aus Sicht des Angreifers, sklalieren sollte.

Das ganze ist auch eine klare Entscheidung für Open Source aber das passt besser in meinen Macintosh Thread hier.

Jedenfalls werd ich euch auch weiterhin mit meinen Fragen hier auf den Geist gehen können, nur ob für oder gegen BSD frag ich nichtmehr.

Ganz klar pro FreeBSD. :cool:
 
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