Ich dachte immer FreeBSD ist im Gegensatz zu Linux eben nicht NUR der Kernel... Die Desktops zählen also nicht dazu? Nun dann definiere ich Userland wohl falsch. Habe mich mit dem Begriff aber auch nie auseinandergesetzt ehrlich gesagt.
ja, ich glaube, dass dies immer wieder zu Verwirrung führt und hatte auch letztens in einem anderen Thread diesen Eindruck. Nun bin ich hier nicht der Guru und wir alle keine Mitglieder einer FreeBSD-Sekte, aber ich habe im Laufe der Jahre gelernt, dass es durchaus Sinn macht, wenn man genau auf die Namen und was dahinter steckt acht gibt.
LINUX
Linux wird oft synonym benutzt für ein komplettes Desktop- oder auch Server-System. Meiner Meinung nach schleichen sich dadurch Missverständnisse ein. Vielleicht (wie so oft) durch eine fehlerhafte Darstellung in den Medien begünstigt, wo der Eindruck erweckt wird, dass es für einen Anwender zwei konkurrierende Betriebssysteme gibt, nämlich das "gute" Linux und das "böse" Microsoft.
Tatsächlich ist LINUX nur ein Kernel und es gibt kaum einen anderen Kernel, der überhaupt mit Namen bekannt ist.
Der Kernel von Windows? Der Kernel von OS-X (wurde mal XNU genannt bei einem OpenDarwin-Projekt, ist das noch so?) Oder auch der Kernel von FreeBSD haben keinen Namen.
USERLAND
ich beschreibe das gerne als die UNIX-Schicht.
Am liebsten erzähle ich das für LINUX (ungenau und romantisiert). Nachdem UNIX in die Freiheit entkommen war, gab es zunächst eine lange Gerichtsverhandlung, in der festgestellt werden musste, welche Teile der Freien Software tatsächlich unabhängig entwickelt worden waren und welche der Herstellerfirma gehörten (AT&T). Während dieser Zeit war BSD als das "Freie Unix" blockiert.
Richard Stallman nahm das zum Anlass (ich fasse das kurz) GNU zu programmieren.
GNU ist ein UNIX-Ersatz, aber es hat keinen Kernel, ist nicht ohne Kernel zu benutzen.
Nach einigem Hin und Her fanden sich dann schließlich GNU und LINUX und ein GNU/Linux erblickte die Welt als brauchbarer Ersatz für BSD.
Nachdem BSD dann per Gerichtsurteil Frei sein durfte nannte es sich auch so und es wird seither mit KERNEL(ohne Name) und USERLAND entwickelt, während GNU eine eigene Entwicklung hat und LINUX eine andere.
In embedded Systemen findet sich sehr oft busybox als "Userland". Meine Sat-Receiver haben zB busybox/Linux. Nicht GNU/Linux und nicht busybox/FreeBSD.
Es gibt durchaus experimentelle Mischformen. Ob das alles derzeit noch aktuell ist, weiß ich nicht, aber HURD, der Kernel des GNU-Projektes (den es seinerzeit eben noch nicht gab, weshalb dann Linux genommen wurde), funktioniert wohl inzwischen und Debian hatte eine Distribution damit angeboten und die entsprechend dann Hurd/GNU-Debian genannt, oder so ähnlich und da gab es auch mal eine KFreeBSD/GNU-Debian, also ein GNU auf dem Kernel von FreeBSD.
Also, FreeBSD ist vergleichbar mit GNU/Linux.
Wer eines davon als Desktop nutzen möchte, braucht zusätzliche SW und die muss man entweder umständlich im Internet zusammen suchen und für sein System aus Quellen kompilieren, oder man wählt eine Distribution.
Bei FreeBSD gibt es die Ports, die die Sache vereinfachen, weil sie die Angaben zum Ort der Quellen und eine Anleitung zum Bau aus den Quellen speziell für FreeBSD haben. Diese Ports gibt es für einen BRANCH. Die Ports für alle 12.x-Versionen gleich.
Aus den Ports werden Pakete gebaut und zwar automatisch.
Alle Pakete für einen Branch sind gleich, also kompatibel.
Es gibt keine Pakete für 12.0 und wieder extra Pakete für 12.1 und schon gar nicht werden alle diese Pakete mit FreeBSD tatsächlich in allen denkbaren Zusammenstellungen getestet.
Der einzige Unterschied ist, dass es Pakete für "latest" gibt und welche für "quarterly". Latest ändert sich viel viel schneller und deshalb gibt es dort auch mal "Versions-Krisen" und so und Fehler tauchen direkt auf und können womöglich bereinigt werden, bis dann der Tag kommt, wo mit gleichem Mechanismus und ohne bessere Tests ob das auch alles wirklich funktioniert, "quarterly" ausgecheckt wird.
Nochmal: all diese Pakete werden uns Gottlob durch die Arbeit freiwilliger Helfer angeboten, aber sie haben nichts mit FreeBSD zu tun, werden von niemandem kontrolliert und getestet.
Mir kommt gerade der Gedanke, dass man das vielleicht mal in Prozenten ausdrücken sollte, aber das geht natürlich nicht. Denn Prozent wovon? Jemand hat vielleicht ein sehr großes DE deshalb schon mal sehr viel mehr Programme installiert, als sonst jemand. Deshalb nenne ich mal gefühlte Werte, die hauptsächlich didaktischen Charakter haben sollen und nicht wirklich belastbar sind:
Anteil an einem Desktop-System (nach Zeilen Code oder Binärpaket-Größe):
KERNEL: < 1%
USERLAND: 3% - 5%
DE: 5% - 75%
Sonstige Anwendungen, Office und Browser...: 25% - 95%
Ich weiß nicht, ab das überhaupt was taugt, auch, wenn es nun von Leuten ergänzt und korrigiert wird, die mehr darüber wissen. Was ich ausdrücken will ist immer dies: der Unterbau, egal ob GNU/Linux oder FreeBSD, kommt an der Oberfläche, an der Schnittstelle zum gewöhnlichen Desktop-Nutzer, gar nicht mehr raus.
Und FreeBSD oder GNU/Linux sind sehr viel kleiner und sehr viel unbedeutender, als durch manche Kampfschrift als Eindruck erweckt wird.