rubricanis
Homo ludens
Genau dieses Denken ist es was eine vernünftige Weiterentwicklung von Unix-DEs behindert. Die Idee von GUIs, wie sie von Smalltalk über den Mac in die Welt gekommen ist, beruht nämlich darauf dass man bei der Benutzung eben nicht denken muss, sondern dass es so gestaltet ist dass bei der Benutzung von Computern der User intuitiv erkennt was für seine Operationen notwendig ist. Das wirkt - psychologische gesehen - entlastend und erlaubt es sich auf die eigene Arbeit zu konzentrieren. Erst damit wird der Computer zu einem brauchbaren Werkzeug denn es geht dabei nicht darum Entwickler glücklich zu machen, sondern darum allen anderen Menschen eine sinnvolle Nutzung zu ermöglichen.Das ist für mich überhaupt der Knackpunkt schlechthin. Neben seiner Konzeption ist die eingehende Kenntnis der Möglichkeiten eines Desktop-Environments entscheidend für den gelungenen Einsatz beim User. Ohne diese Kenntnis beläuft sich die Nutzung lediglich im Nachahmen von Schritten und Aktionen, die anderswo erlernt wurden und die sind mitunter dramatisch zum Scheitern verurteilt.
Ich kann mich noch gut a.d. Zeit erinnern als mir alle möglichen Leute erklärt haben dass ich wissen müsse wie ein Motor, wie eine Kupplung, ein Getriebe etc. funktioniert um Auto fahren zu können. In der Frühzeit der Automobilentwicklung war das sicherlich notwendig, aber heute? Heute machen wir einen Führerschein und bringen das Auto 1x pro Jahr zum Service und ansonsten tut das Ding was ich will. Und weder kann man am Auto etwas wesentliches ändern und nur Ingenieure und Mechaniker wissen wie das alles funktioniert.
Das ist doch nur ein Zeichen dafür wie schlecht das jeweilige DE tatsächlich ist! Wenn ein Benutzer erst 100 Einstellungen ändern muß damit das vernünftig funktioniert dann ist das ein Zeichen für schlechte Defaults, unzureichende Abstraktionen und schlechte Imolementation. Damit ist genau das verloren was ein GUI ausmacht, nämlich intuitiver Zugang.Wer all dies erwartet und in seinem DE finden will und dann außerdem noch möchte, dass bestimmte Technologien zur Anwendung kommen und dass das DE den eigenen Stand des Wissens haargenau abbildet und jede Aktion empathisch vorweg nimmt, wird unter Umständen lange suchen und an Einstellungen optimieren müssen.
Wer natürlich gerne bastelt - was legitim ist! - der braucht keinen Desktop, der ist wohl mit der CmdLine, Vim und Emacs, tmux und den anderen Unix-Tools bestens bedient. Und dann kann man sich auch das ganze X-Gedöns schenken. Nur dann sollte er die Finger besser von den GUIs lassen und sich woanders austoben, denn es geht hierbei nicht um ihn, sondern um den "rest of us".