IT ist kein Selbstzweck, sie soll etwas vereinfachen/automatisieren, schlussendlich einem Unternehmen oder den Privatleuten "Dienen".
Ja, so hab ich das auch immer verstanden. Inzwischen heißt es aber, dass die Menschen bzw. die Gesellschaft "transformiert" wird, offenbar um der IT zu dienen.
Für meinen Teil sehe die großen Neuerungen der letzten Jahre (IAAS, Container, Cloud) als große Bereicherung,
Magst Du mir zeigen wo die Neuerung ist? Denn wenn ich mir das angucke, finde ich sie nicht. Okay, ich hab keine Container, weil FreeBSD keine unterstützt. Ich hab ein paar Maschinen in der Cloud, just for fun; das sind dann halt weitere Nodes im LAN die irgendwas machen können. Aber was ist das besondere dran - ausser dass ich sie mieten und kündigen kann wie ich will?
Das ist glaube ich des Pudels Kern. Du willst nichts neues Lernen.
Au, das ist nicht nur unfreundlich, sondern auch ganz falsch. Im Gegenteil, ich finde das Neue nicht, was zu lernen wäre!
Wenn immer etwas Neues auftaucht, lasse ich ihm erstmal ein, zwei Jahre Zeit, um sang- und klanglos wieder zu verschwinden - und vieles tut das. Und dann schaue ich es mir an, d.h. ich kämpfe mich durch den Jargon, bis ich das finde, was da wirklich die Funktion ist, und verstanden habe wie es genau funktioniert. Und das entpuppt sich dann meistens als nichts neues.
Machen wir's mal konkret am Beispiel: ich möchte pgadmin4 (das postgres-frontend) auf meinem BSD installieren. Und da gibt es keinen Port.
Ich will das auch nicht einfach auf den Desktop aufspielen, sondern als reguläre Server-Application irgendwo auf einem eigenen Node betreiben.
Schauen wir uns das Handbuch an:
https://www.pgadmin.org/docs/pgadmin4/latest/server_deployment.html
Was man da findet, sind Beispielkonfiguriationen zum abtippen - die vielleicht funktionieren (oder auch nicht), WENN man eben das betreffende Environment hat. Was fehlt, sind die Erklärungen, was genau konfiguriert wird und welcher Parameter was tut, bzw. die Schnittstellendefinitionen. [Das bitte mal merken, das brauchen wir nachher noch.]
Nützen tut mir das soweit erstmal nichts, weil ich meinen eigenen Application-Stack habe und v.a. auch das pgadmin4 nicht auf demselben Node haben will wie den Webserver (das braucht nämlich MIT-Kerberos, während FreeBSD per default mit Heimdal-Kerberos lauft).
Dann gibt es zum Glück noch eine Seite für "Container Deployment":
https://www.pgadmin.org/docs/pgadmin4/latest/container_deployment.html
Das ist zwar im selben Stil gehalten (Configfile-Snippets zum Abtippen), aber da ist immerhin so viel Material, dass man sich die Schnittstellen, die man eigentlich braucht, allmählich zusammenreimen kann.
Und jetzt folgern wir zurück: was also ist "Container Deployment"? Ist es einfach eine korrekte Schnittstellendefinition, sodass die Applikation zu einer eigenständigen Einheit wird, die man dann beliebig plazieren kann?
Das wäre dann nichts neues, denn das haben wir im Unix schon immer so gemacht - deswegen ist unser Grafikbildschirm ja auch ein Server, der auf Port 6000 lauscht, und die Fenster selber können irgendwo anders gerechnet werden.
Gleichermaßen der LAMP-Stack: es gibt einen Node für die Datenbank, einen für die Anwendung, einen für den Webserver - und das sind ganz unabhängige Systeme. (Dass das Datenbank-Passwort der Anwendung durch einen gehackten Webserver erbeutet werden kann, ist schlichtweg unmöglich - wenn man sauber designt.)
Ich weiss nicht, warum man diesen Design-Stil, der ursprünglich Best-Practice war, irgendwann aufgegeben hat - aber offenbar hat man ihn aufgegeben, oder warum sonst wollte jemand auf meinem Webserver die Datei /mysql.initial.sql (und dergleichen mehr) lesen?
Die Schwierigkeit dabei ist natürlich diese: um solche Layouts korrekt zu designen, muss man erstmal verstehen wie die Anwendung wirklich funktioniert. Idealerweise sollte man auch die Protokolle, TCP/IP, HTTP, Datenbankabfrage, usw. (low-level) kennen und verstehen.
Und das ist offenbar nicht mehr Usus. [Das auch bitte mal festhalten.]
Davon abgesehen dass man heute keinem Kind mit nem Gameboy ne freude macht, aber setzen wir hier mal Smartphone ein.
Keine Ahnung wie die Dinger jeweils konkret heißen - sie haben gemeinsam, dass ihre Benutzer typischerweise nicht wissen, warum das Ding funktioniert oder was es eigentlich tut.
Und eben das halte ich für problematisch, denn...
Wieso? Es ist wichtig sich früh mit der Technik zu beschäftigen, die Zukunft baut darauf auf.
.. ein Kind will be-greifen (das ist etwas das wir mit den Fingern tun) - es will verstehen wie die Welt zusammenhängt und wie etwas funktioniert. Mit einem trix-Baukasten kann es das, mit einem Bildschirm wohl eher nicht.
Nicht jedes Kind mag malen, ich hatte das auch immer gehasst. Ich bin jetzt kein Kinderpsychologe, aber ich denke solange andere Bereiche nicht zu stark in den Hintergrund geraten soll sich das Kind die Zeit vertreiben wie es Spass macht.
Keine Sorge, hab ich auch gehaßt, ich bin halt nicht musisch begabt. Aber ich bin froh dass ich in meiner Zeit noch die Chance hatte, zu sehen wie man einen Computer selber bauen kann - notfalls aus einzelnen Transistoren, so wie Seymour Cray das gemacht hat.
Diese Chance hat die heutige Generation nicht mehr - die lernen nur noch, dass das Facebook heißt und man da ganz viel kaufen kann.
Ansonsten: Kinder brauchen die Zeit ja nicht vertreiben, weil sie von sich aus gar nicht zwischen Arbeit und Spiel unterscheiden, sondern da noch alles Lernen ist (und einfach das gelernt wird, was die Umgebung grad anbietet - ob das nun der Dorfbach ist oder der Baum auf den man klettert - und wie gesagt: lernen durch be-greifen, nicht durch im-fernseher-sehen). Wenn man ein Kind vor den Fernseher setzt, ist es ruhig, quengelt nicht und fragt nichts. Dass es dann auch Übergewicht und Aufmerksamkeitsdefizit hat, nunja, kann man halt nix machen.
In 15 Jahren wirds keine Leute mehr geben die keine Ahnung von Computern haben.
Das könnte man ebensogut andersrum formulieren: in 15 Jahren wird es keine Leute mehr geben die Ahnung von Computern haben. Computer werden überall sein, und keiner wird mehr wissen was die eigentlich alles tun.
Dein Auto ist jetzt schon eine Blackbox: es tut alles mögliche, aber das brauchst du gar nicht zu wissen, hauptsache es ist gut für dich. (Was gut für dich ist, bestimmen andere.)
Ja, und der Spezialist in der Werkstatt hat auch nur ein Handbuch, und das sieht genauso aus wie das was wir uns eben angeschaut haben - da steht auch nicht drin wie das alles eigentlich funktioniert, sondern nur: "wenn diese Anzeige, dann das eintippen".
Und jetzt frage ich Dich: das nennen wir dann "ständige Weiterbildung"? Ohne zu verstehen, was wir eigentlich tun?
Und um das klar zu sagen: ich bin keineswegs gegen Innovation, Fortschritt und Weiterentwicklung. Ich denke nur, dass da was wichtiges auf der Strecke bleibt: es wird immer mehr Abstraktion obenauf gepackt, und immer weniger Leute wissen, was da eigentlich wie zusammenwirkt.
Beispiel: eine Freundin von mir, jung, intelligent, ohne spezifisches Computerwissen, hat beschlossen, Java-Entwickler zu werden. Okay, nach einem halben jahr oder so war sie es. Nach ner Weile ist ihr das offenbar öd geworden, und sie hat beschlossen, sie will jetzt System-Architektin sein. Ja, dann hab ich mal ein bischen aufgezählt, was da -meines Erachtens- alles an Skills und Erfahrungen dazugehören sollte. Ihre Antwort: "aber das kann doch niemand!"
Und das ist jetzt schon wieder ein paar Jahre her - da war es also offenbar schon selbstverständlich, dass die ganzen Zusammenhänge gar niemand mehr kennt.
Andersrum wird eher ein Schuh draus: wenn man die Grundlagen und Zusammenhänge kennt, dann ist die ganze Innovation längst nicht so innovativ wie sie hingestellt wird. Denn die kochen alle nur mit Wasser.
Es wäre schon ein großer Schritt wenn mal alles online möglich wäre. Am besten mit freien Standards. Dann kann man immer noch den legacy Support für offline langsam auslaufen lassen.
Ich will auch dass die Sachen online verfügbar sind. Aber ich will im Fall des Falles auch einen Menschen ansprechen können, der da zuständig ist, und nicht mit einer Roboter-Hotline abgespeist werden, die nichtmal versteht worum es mir geht.