Insbesondere was die Zukunft angeht. Ich habe einen Monitor der HDR10 kann, ob das je gehen wird?
Schwieriges Thema... Das Problem ist nicht so sehr FreeBSD, sondern der immer noch oder vielleicht auch wieder sehr bescheidene Gesamtzustand des freien Grafikstacks und Desktops. Da ist X11, die ewige Katastrophe. Seit mindestens 20 Jahren obsolet, vor 15 Jahren noch mal groß aufgebohrt um Zeit für die Entwicklung eines Nachfolgers zu finden, aber immer noch alternativlos. Irgendwie findet sich immer noch jemand, der Unterstützung für neue Entwicklungen reinhackt - und sei es nur nur als über auf X11 laufende Compositoren. Dann hat man Wayland, den ewigen designierten Nachfolger, den man inzwischen wohl als halb-gescheitert betrachten kann. Wayland wurde bis ganz wenige Ausnahmen, Sway ist da wohl die bekannteste, nur von den großen Desktopumgebungen implementiert und auch da ist es eher durchwachsen. Die meisten Window Manager Entwickler haben damals sofort den Stinkefinger gezeigt und dabei ist es dann auch geblieben. Auch 12 Jahre, nachdem Wayland zur großen Hoffnung wurde, wird es nur selten eingesetzt; Ubuntu hat zum Beispiel letztens gerade noch mal klargestellt, dass man bis auf Weiteres auf Xorg bleibt.
Es ist eine sichere Wette zu sagen, dass Xorg in den nächsten 5 Jahren der Standard bleiben wird. Wayland mag noch etwas Auftrieb bekommen, aber dass es X11 jemals wirklich ersetzt, ist inzwischen wohl ausgeschlossen. Und eine andere, dritte Lösung ist nicht in Sicht. Das heißt aber auch, dass FreeBSD - und die anderen BSDs - gezwungen sind das Monster zu porten. Nun ist Xorg ein halbwegs angenehmer Upstream, der andere Plattformen neben Linux durchaus ernst nimmt und auch FreeBSD ist klar, dass man dort etwas entgegenkommen muss. So hat man ja als Beispiel evdev implementiert, um libinput zu ermöglichen. Aber Xorg ist eben auch ein antiquitiertes Monster mit 1001 Fallstricken, es zu portieren und die Ports zu betreuen ist ein Tanz auf Eierschalen und entsprechend unbeliebt. Wenn man mal eine funktionierende Kombination der Komponenten gefunden hat, bleibt man daher erst einmal auf der, entsprechend ist FreeBSD zumindest auf Aktualität Wert legenden Linux-Distributionen immer hinterher.
Schlimmer wird es darunter. Grafiktreiber sind höllisch komplex, Linux hat keine definierte KPI und erlaubt keine Abstraktionsschichten. Meiner Meinung legt man sich damit hauptsächlich selbst Steine in den Weg, aber das ist ein anderes Thema. Zumindest macht es das Portieren der Kernelkomponente der Treiber sehr kompliziert. FreeBSD hat inzwischen aufgegeben zu portieren, man entwickelt stattdessen einen Linux->FreeBSD-KPI-Wrapper. Es ist nicht einfach, Linux-Komponenten wie RCU sind halt komplex und konzeptionell teilweise ohne Entsprechung im FreeBSD-Kernel. Ich vermute, dass viele Probleme der freien Grafiktreiber unter FreeBSD daher kommen, dass der Wrapper nicht so optimal ist, wie er sein müsste. Andererseits ist es gelungen auf Seite der Treiberentwickler Verständnis dafür zu wecken, dass es noch andere Plattformen außer Linux gibt und man sehr helfen kann, wenn man bei der Verwendung von KAPIs etwas konservativer ist. Zumindest mit den Entwicklern des i915 läuft die Zusammenarbeit wohl ganz gut.
Nur man ist Linux halt prinzipbedingt immer hinterher. Und das wird durch simple Tatsachen wie dem hohen Manpower-Bedarf zur Betreuung der Grafiktreiber und das es schon einiges an Kenntnis von Linux- und FreeBSD-Interna benötigt, um den KPI-Wrapper zu entwickeln, nicht besser. Außerdem sollen Kernelseite und Userland zwar zumindest in einem gewissen Rahmen zueinander agnostisch sein, aber ich habe bei meinem Abenteuern mit der Radeon 5700XT unter Linux selbst sehr schmerzhaft erfahren müssen, dass Kernel, Mesa3D und LLVM dann doch halbwegs zusammenpassen müssen. Das limitiert dann wiederum FreeBSDs Möglichkeiten im Userland, nicht umsonst ist man bei Mesa3D weit hinter Linux zurück. Vor allem für Vulkan ist das problematisch.
Bei Nvidia sieht es nicht besser aus. Ihre FreeBSD-Treiber ist auch nur ein Best-Efford Ansatz; sie supporten FreeBSD halt soweit es ihnen nicht allzu viel Arbeit macht, aber nicht mehr. Was ich durchaus verständlich finde, Nvidia ist ein kommerzielles Unternehmen und FreeBSD-User dürften kaum nennenswerten Anteil am Umsatz haben. Da geht es mehr um Freundlichkeit FreeBSD gegenüber, vielleicht einem weiteren Haken auf der Featureliste, dass mehr Plattformen besseres Testing bedeuten... Alles relevante Sachen, aber eben auch nichts, wo man groß Ressourcen investiert.
Trotzdem ist das Glas im Moment eher halb voll als halb leer. Der Misserfolg von Wayland bedeutet auch, dass sich da für FreeBSD so schnell keine weitere Baustelle ergeben wird, der aktuelle Minimalport reicht erstmal. Durch den KPI-Wrapper sieht es beiden freien Grafiktreiber besser als die meiste Zeit zuvor aus. amdgpu kommt sicher auch noch in Form, es braucht nur Zeit. Und mal schauen was mit Intels Xe wird, erste Hardware soll es ja im nächsten Jahr geben. Aber die Hoffnung, dass FreeBSD in Sachen Grafik mit Linux in allen Belangen gleichziehen kann, muss man sich eher nicht machen. Das wird höchst wahrscheinlich nicht so schnell passieren.