Jobangebot bekommen - Hilfe! ;)

drm

Well-Known Member
Guten Abend liebe Foristen,

ich befinde mich in der luxuriösen Situation, dass mir in einer Festanstellung, in der ich sehr zufrieden bin, ein Jobangebot gemacht wird, dass finanziell sehr verlockend ist. Zur Entscheidungsfindung schreibe ich hier mal alles auf und würde mich sehr freuen, eure Einschätzung zu hören.

Also: Bis Anfang des Jahres war ich bei einem Mittelständler angestellt. Dazu gehörte Consulting bei einer großen IT-Firma. Gehalt damals: ~45.000€/Jahr. Themengebiet im Consulting u.a. eine sehr spezielle Nische, die es so auch nur bei Großfirmen geben kann. Kenne mich da mittlerweile ganz gut aus.

Dann Anfang des Jahres ein Jobwechsel, thematisch moderne Webapplikationsentwicklung, später wahrscheinlich Betrieb der Anwendung. Gehalt: ~70.000€/Jahr. Sehr guter Arbeitgeber, kein Stress, nette Kollegen, interessantes Projekt, das Spaß macht.

Jetzt das Angebot von der großen IT-Firma: Durch ein (in meinen Augen) katastrophales Personalmanagement scheinen Ihnen die Leute auszugehen, die sich in der Nische auskennen. Meiner Einschätzung nach bin ich einer von wenigen (relativ jungen) Menschen, die sich da überhaupt auskennen. Stelle schon länger extern ausgeschrieben, mein Angebot liegt bei ~90.000€/Jahr, mit Tarifvertrag und ohne Personalverantwortung. Ich bin übrigens Mitte 30 ;)

Ich kenne die Leute noch von "damals", mit denen ich zu tun haben würde - der potentiell neue Chef ist leider jemand, der mir nicht besonders sympatisch ist. Bin zwar fast immer gut mit ihm ausgekommen, aber er war damals nicht mein Chef. Mitarbeiter aus den anderen Abteilungen, mit denen ich mich abstimmen müsste, sind alle sehr nett und hilfsbereit. Thematisch ist es eben eine Nische, die es nur in sehr wenigen Firmen gibt. Auch wenn mir die Arbeit immer Spaß gemacht hat, ist es schon eine Art goldener Käfig, in den ich mich begeben würde.

Bei beiden Firmen, sowohl der jetzigen, als auch der potentiell neuen, ist es dem Höhrensagen nach so, dass man ziemlich lange auf seiner Stelle festsitzt - große finanzielle Sprünge werde ich wohl bei beiden erstmal nicht machen. Insofern sind die ca. 30% mehr Gehalt schon beachtlich und das Gehalt ist dann auf so hohem Niveau, dass es mir dann auch egal ist, wenn ich da finanziell erstmal nicht weiterkomme ;) Bei so einem Gehalt in Verbindung mit einem Tarifvertrag ist es für mich möglich, in Teilzeit zu arbeiten (30 Stunden/Woche) und dabei genauso viel zu verdienen, wie bislang. Mit Familie einfach unbezahlbar. Dafür ist der neue Arbeitgeber über ÖPNV schlechter erreichbar ist als mein aktueller, auch wenn er die selbe Entfernung von meinem Wohnort hat. Reisetätigkeit ist nicht vorgesehen, aus Erfahrung als externer war es aber schon sinnvoll, sich ab und zu mit Kollegen an anderen Standorten zu treffen.

Bei beiden Firmen ist der Job bis zur Rente sicher, wenn ich nicht freiwillig gehe.

Pro:
- einmalige Chance, mein exklusives Wissen "vergolden" zu lassen
- Gehalt im Tarifvertrag steigt mit den Jahren über Stufen
- Option auf Teilzeit bei gleichbleibendem finanziellen Niveau
- interessante Tätigkeit, die mich auch fordern wird
- finanzieller Sprung auf ein extrem komfortables Niveau, auf dem mich (finanzielle) Stagnation nicht mehr besonders berührt, und das ohne Personalverantwortung

Contra:
- unsympathischer Chef
- gefühltes Arbeitsklima war damals insgesamt schlechter / jetzige Kollegen sehr nett, gute Stimmung/Atmosphäre
- würde gutes Projekt/AG/Kollegen verlassen
- evtl. mehr Stress, da mehr Erwartungen an mich gestellt werden würden
- etwas schlechtere Lage/Anbindung, evtl. zweites Auto nötig
- Nische ist so speziell, dass ich mit einer weiteren Spezialisierung in diesem Bereich faktisch an diesen AG gebunden bin, anders als bei Webentwicklung
- eventuell "lebenslang" an die Nische gebunden?


Ich will auf jeden Fall erst mit meinem Arbeitgeber reden, ob da finanziell oder über andere Zugaben (mehr Urlaub etc.) was geht. Bin aber pessimistisch, vielleicht kann er um 5% erhöhen, viel mehr ist wahrscheinlich nicht drin.

Die Aussicht auf den neuen Chef und das allgemeine Arbeitsklima trübt den Blick ein wenig. Naja. Ich hoffe, dass das hier nicht arrogant wirkt. Mir ist bewusst, dass ich schon jetzt ziemlich priviligiert bin und es nur noch viel krasser würde. Meine Sorge ist vor allem der goldene Käfig - die Nische ist so klein, dass ich mich damit erstmal auf den AG festlegen würde. Ich erwarte auch, dass in den nächsten 5-10 Jahren viele aus der älteren Generation in Rente gehen werden und so die gebotenen Preise nochmals anziehen könnten - wenn ich dann nicht mehr wechseln kann, bringt mir das alles nichts.

Wie seht ihr das? Wie schätzt ihr die Gehälter ein (NRW)? Die Perspektiven? Die Risiken?

Es würde mich sehr freuen, von euch zu hören.

Viele Grüße
drm
 
Moin drm,

toll und ausführliche Beschreibung. Am Ende ist bei mir hängen geblieben:

Ein ehemaliger Kunde meines ehemaligen Arbeitgebers erinnert sich so gut an mich, dass sie mir ein Angebot machen obwohl ich schon woanders arbeite. Und das Thema gefällt mir nicht so.

Nun, was das Thema Lockinn angeht kann ich dich beruhigen. Wenn du in einem Konzern unterwegs bist und Stufe X erreicht hast findest du auch Stellen auf Stufe X an anderer Stelle. Man kennt sich da dann (außer du gehst nie mit Leuten Mittagessen oder Kaffee trinken und sitzt nur in deinem Keller --> Gibt es nicht mehr). Wenn du es drauf anlegst rechne mal mit 1-2 Jahren in deinem Käfig und danach bist du raus und machst was anderes. Die 1-2 Jahre brauchst du einfach um dich zu orientieren wer wo was macht.

Was das Gehalt angeht würde ich mir bei einem Angebot von 90k mal Gedanken über 100k und einen Dienstwagen machen und dann als Zünglein an der Waage dem interessierten Unternehmen weitergeben. Oder frag doch einfach ganz offen nach deren Gehaltsband für die Stelle denn du bist noch nicht überzeugt. Kein Preis ist fix.

Gruß
 
Das läuft letztendlich auf die alte Weisheit hinaus, dass die Spezialisierung auf eine Nische für den Moment praktisch immer finanziell lohnend ist. Da es wenig Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt gibt und Arbeitgebern bewusst ist, dass sie Geld in die Hand nehmen müssen, um jemanden zu bekommen. Dem steht aber auf längere Sicht ein höheres Risiko entgegen, denn wer auf Nische spezialisiert ist, hat ein Problem, wenn diese Nische eines Tages verschwindet. Mit Mitte 30 kann man dann natürlich umschulen und sich einen anderen Bereich suchen. Aber 20 Jahre weiter, mit Mitte 50, sieht die Sache schon ganz anders aus. Rational gesehen ist es als eine Frage deiner Risikobereitschaft. Bist du bereit für mehr Geld heute ein höheres Risiko morgen keine Beschäftigung in deinem Bereich zu finden einzugehen.

Nun ist Arbeit aber keine rein rationale Sache. Was bringen mir 100.000€ im Jahr, wenn ich mich jeden morgen zwingen muss dahin zu gehen und die ganze Woche über auf das Wochenende warte? Ich würde, zumindest bis zu einem gewissen Punkt, immer eine gewisse persönliche Erfüllung durch meine Arbeit über ein paar Euro mehr stellen.

Das gesagt, lese ich aus deinem Text, dass du mit deiner Aufgabe dort nicht unzufrieden wärst. Ich würde es wohl so machen: Ein Gegenangebot von 110.000€ abgeben, sodass man sich bei 100.000€ trifft. Auch nach Steuern ist das eine Menge Geld, genügend, um innerhalb von 5 Jahren eine Immobilie auszufinanzieren und noch ein durchaus beachtliches Polster aufzubauen. Das gibt finanzielle Sicherheit, sie man, sofern man nicht wirklich Pech hat oder sich dumm anstellt, nicht wieder verliert. Dann bist du Anfang 40, hast noch 27 Jahre bis zur Rente und damit genügend Zeit dich beruflich noch mal neu zu orientieren, vielleicht dann auch mit weniger Geld zugunsten einer größeren persönlichen Erfüllung.

Nachtrag: Und du solltest im Hinterkopf behalten, dass eine Nische auch ein guter Einstieg in die Selbstständigkeit sein kann. Wenn du das als eine Option für dich siehst. Beim Arbeitgeber Kontakte knüpfen, darauf aufbauen später ein eigenes Geschäft aufbauen.
 
Ich bin übrigens Mitte 30
Bei beiden Firmen ist der Job bis zur Rente sicher, wenn ich nicht freiwillig gehe.

Ich bin nicht IT-ler und gebe nur meine eigene Erfahrung wieder. Seit nunmehr über 30 Jahren im gleichen Job (der mir immer noch einigermaßen Spaß macht) und im gleichen, recht großen Unternehmen.
Seit 30 Jahren habe ich nicht auf mein Gehalt geachtet, sondern nach der Devise gelebt, dass die Arbeit auch glücklich machen soll und wenn es dann unter dem Strich reicht, um eine Familie zu ernähren und seine Autos und Häuser zu bezahlen, vielleicht ein bescheidenes Hobby leisten zu können, dann reicht das doch und ich brauche nach nichts weiter zu leben. Die letzten 30 Jahre war ich damit zufrieden und glücklich.
Nun werde ich älter und gebrechlicher, der Kopf funktioniert nicht mehr so gut. Junge Kollegen reagieren schneller, sicherer und behalten sich Dinge besser. Mir fällt mein Job zunehmend schwerer und ich erkenne, dass ich eigentlich schon zu alt bin dafür.
Das ist ein technischer Beruf, aber vom Hinsehen, scheint es in der IT ganz ähnlich.
Also, Job ist sicher bis zur Rente, also bis 67 (Stand heute), das hört sich zwar gut an, ist aber unter Umständen weit weg. Du hast noch nicht mal die Hälfte auf diesem Weg zurück gelegt. Und dann: wird die Rente reichen? Und schließlich: wieviel gute Jahre bleiben dir denn noch nach 67?
Zusammengefasst: Desto früher man aussteigen kann, desto besser!
Man muss ja nicht, aber man kann früher zu Hause bleiben, wenn man den entsprechenden Rahmen dazu geschaffen hat.
Kinder kosten Geld und man muss damit rechnen, sie bis wenigstens 25 unterstützen zu müssen, besser bis 27.
Häuser sollte man möglichst effizient bauen und nicht klotzig. Im Alter muss man vielleicht ins Heim und hat dann nichts mehr von all dem Protz. Sie sollten bis 45, spätestens bis 50 abbezahlt sein. Unsinnige Ausgaben, vor allem teure Urlaubsreisen, sind extrem unproduktiv. Ich berechne zB für meinen Eigenbedarf 1.000€ im Monat. Eine einzige Safari zu 10.000€ deckt meinen Bedarf für fast ein Jahr! Desgleichen unsinnig teure Autos, mit denen man auch nicht mehr kann, als in der Gegend herum fahren. Tiere sind teuer und man hat Verantwortung. Wer Tiere mag, hat keine und was bei Goldfischen und Hamstern noch niedlich ist, wird bei Katzen und Hunden schon teuer und geht bei Pferden so richtig ab! Unnötiger Unsinn, aber nicht einfach für warmherzige Eltern, gegenüber den heulenden Kindern auch konsequent umzusetzen.
Ein bescheidenes Leben in der Jugend ist eine gute Übung für ein Leben im Alter.
Mehr Geld im Monat übrig zu haben, ist bei all dem, also bei der Planung für einen frühen Ausstieg und ein unabhängiges Leben in der zweiten Hälfte, sehr hilfreich und sollte nicht unterschätzt werden!
Ich habe das unterschätzt und nicht ernst genommen und werde deshalb noch einige Jahre abhängig beschäftigt bleiben müssen. Das schaffe ich auch, aber ich würde lieber schon zu Hause bleiben können. Nach meiner Erfahrung ist ein möglicher Ausstieg ab 55 an zu peilen. 58 hält man aus, 60 ist so eine Schallgrenze. Wer mit 60 zu Hause bleiben möchte, muss sieben Jahre bis zur Rente überbrücken, das sind 7x12 Monate und jenachdem, was man selbst im Monat braucht, also 84 x n-Tausend €, die man dann frei verfügbar haben muss. Ein kleines Polster für gelegentliche Reparaturen sollte man einbeziehen, also grob gerechnet 100 x n-Tausend. Jeden n-Tausender, den man mehr hat, kann man noch früher aussteigen!
 
@drm: Nach etlichen Jahren in der Mühle (seit '95) wäre mir persönlich mittlerweile ne Stelle mit "netten Kollegen, einem Chef welcher auf dem Boden geblieben ist (denke du weißt, was ich meine) und ggf dafür weniger $$" lieber, als ne hochbezahlte Stelle jedoch mit grottigem drumherum (Chef ist ein Ar***, Kollegen komplett irre und intrigant, Position ist ein Schleudersitz zwischen den Stühlen usw).

Stell dir folgende Fragen und beantworte sie für dich so wahrheitsgemäß wie möglich:
1. Macht es mir was aus, dass ich ggf mit dem Chef nicht auskomme?
2. Macht es mir was aus, wenn ich mit den Kollegen nicht auskomme?
3. Gleicht ein hohes (höheres) Gehalt für mich ggf 1. und 2. aus?
4. Will/muss ich (unbedingt) Karriere machen?
5. Ist Selbständigkeit ne Option?

Aus eigener Erfahrung kann ich dir sagen, dass die Höhe des Gehalts ziemlich egal wird, wenn 1. und 2. nicht passen; man quält sich nur jeden Tag schwerer in die Firma. Is aber auch stark typabhängig - einigen gefällt sowas scheinbar.
 
sodass man sich bei 100.000€ trifft. Auch nach Steuern ist das eine Menge Geld, genügend, um innerhalb von 5 Jahren eine Immobilie auszufinanzieren und noch ein durchaus beachtliches Polster aufzubauen
Also von den 100k bleiben Dir nach Abzügen vielleicht 50k. Davon gehen mindestens 12 für alles mögliche (essen, Auto, Kram) weg. 38k*5 sind grob 200k. Wo willst Du denn dafür ein Haus (oder selbst eine Wohnung) kaufen geschweigedenn noch DAZU irgendwas sparen?

Die beste Idee ist immer noch sich einen supergechillten Job (zur Not zu 50-80%) suchen und sich nebenbei selbstständig machen.
 
Also von den 100k bleiben Dir nach Abzügen vielleicht 50k. Davon gehen mindestens 12 für alles mögliche (essen, Auto, Kram) weg. 38k*5 sind grob 200k. Wo willst Du denn dafür ein Haus (oder selbst eine Wohnung) kaufen geschweigedenn noch DAZU irgendwas sparen?

Ich hatte mit 50.000€ verfügbar gerechnet. Davon 200.000€ in die Immobilie. Meine Wohnung hätte man vor 3 Monaten dafür kaufen können. Hab ich allerdings nicht, mal schauen was der neue Besitzer für Asozialitäten versucht... Ist nicht Hamburg Downtown, aber immer noch mit Öffis angebunden und durchschnittlicher Zustand.

Aber egal. Ich wollte darauf hinaus, dass man einen gut bezahlten Job, der einem nicht allzu viel Spaß macht, durchaus ein paar Jahre machen und als Sprungbrett benutzen kann. Entweder ein gechillteres Leben hinterher, das kann sich auch mit einer überschaubaren Restschuld machen. Oder eben in die Selbstständigkeit.
 
Wow, hier ist ja einiges passiert. Danke an alle Beteiligten!

Ich versuche mal, auf die wesentlichen Aspekte einzugehen:

Was das Gehalt angeht würde ich mir bei einem Angebot von 90k mal Gedanken über 100k und einen Dienstwagen machen und dann als Zünglein an der Waage dem interessierten Unternehmen weitergeben. Oder frag doch einfach ganz offen nach deren Gehaltsband für die Stelle denn du bist noch nicht überzeugt. Kein Preis ist fix.
Das gesagt, lese ich aus deinem Text, dass du mit deiner Aufgabe dort nicht unzufrieden wärst. Ich würde es wohl so machen: Ein Gegenangebot von 110.000€ abgeben, sodass man sich bei 100.000€ trifft.

Ich hatte gestern vergessen zu erwähnen (es war schon sehr spät ;)), dass ich als Gehaltswunsch 120k vorgeschlagen hatte, mit ca. 110k als Ziel. Wurde aber erstmal abgelehnt, mit der Begründung, dass nur Führungskräfte zweiten Grades so viel verdienen würden. Kann das nicht einschätzen, kommt mir aber irgendwie ziemlich wenig vor für die ganze Verantwortung. Ich denke, sie versuchen erstmal, mich "günstig" zu bekommen.

Zusammengefasst: Desto früher man aussteigen kann, desto besser!
Man muss ja nicht, aber man kann früher zu Hause bleiben, wenn man den entsprechenden Rahmen dazu geschaffen hat.

Ja, ich kann mir gut vorstellen, erstmal in Teilzeit zu arbeiten, zum einen der Kinder wegen, aber auch, weil es unglaublich entspannt ist. Die Alternative, früher aus dem Berufsleben auszuscheiden, ist aber auch sehr attraktiv. Beides geht mit dem höheren Gehalt deutlich einfacher.

Häuser sollte man möglichst effizient bauen und nicht klotzig. Im Alter muss man vielleicht ins Heim und hat dann nichts mehr von all dem Protz. Sie sollten bis 45, spätestens bis 50 abbezahlt sein.

Auch wenn mein Lebensstil nicht ausufernd ist, ist es bei den aktuellen Immobilienpreisen einfach unmöglich, ein Haus so schnell abzubezahlen. Kenne jemanden vom Land, der gebaut hat und dafür ca. 450.000€ bezahlt hat, in meiner Stadt geht es normalerweise ab 600.000€ los (in den Randbezirken). Da hilft dann auch die Niedrigzinsphase nicht.

Stell dir folgende Fragen und beantworte sie für dich so wahrheitsgemäß wie möglich:
1. Macht es mir was aus, dass ich ggf mit dem Chef nicht auskomme?
2. Macht es mir was aus, wenn ich mit den Kollegen nicht auskomme?
3. Gleicht ein hohes (höheres) Gehalt für mich ggf 1. und 2. aus?
4. Will/muss ich (unbedingt) Karriere machen?
5. Ist Selbständigkeit ne Option?

Aus eigener Erfahrung kann ich dir sagen, dass die Höhe des Gehalts ziemlich egal wird, wenn 1. und 2. nicht passen; man quält sich nur jeden Tag schwerer in die Firma. Is aber auch stark typabhängig - einigen gefällt sowas scheinbar.

Der Chef glänzte in der Vergangenheit mit Unverständnis über Männer in Elternzeit, unangemessen Witzen über Frauen etc. und hat seine Mitarbeiter auch schon mehrfach runtergemacht. Einfach ein unangenehmer Typ ohne Führungskompetenz, der mit Sicherheit auch ein Problem damit hätte, wenn ich tatsächlich mehr verdienen würde als er. Es wäre zwar keine Qual, unter ihm zu arbeiten, aber es ist schon ein Wermutstropfen. Da habe ich momentan einfach "ganz normale", nette Leute um mich rum. Das ist viel Wert und mir auch bewusst.

Also von den 100k bleiben Dir nach Abzügen vielleicht 50k. Davon gehen mindestens 12 für alles mögliche (essen, Auto, Kram) weg. 38k*5 sind grob 200k. Wo willst Du denn dafür ein Haus (oder selbst eine Wohnung) kaufen geschweigedenn noch DAZU irgendwas sparen?

Die beste Idee ist immer noch sich einen supergechillten Job (zur Not zu 50-80%) suchen und sich nebenbei selbstständig machen.

Mit den Immobilienpreisen gebe ich dir absolut Recht, s.o.
Das mit der Selbstständigkeit wäre natürlich eine Option, dann könnte ich evtl. beides machen. Habe mich damit noch nie beschäftigt und bin für Tipps offen ;)

Aber egal. Ich wollte darauf hinaus, dass man einen gut bezahlten Job, der einem nicht allzu viel Spaß macht, durchaus ein paar Jahre machen und als Sprungbrett benutzen kann. Entweder ein gechillteres Leben hinterher, das kann sich auch mit einer überschaubaren Restschuld machen. Oder eben in die Selbstständigkeit.

@turrican hat oben ja auch schon die Selbstständigkeit erwähnt. Da ich mich nicht auskenne: Was kann man denn so nehmen als Freelancer in einer Nische? Macht es finanziell Sinn, die feste Stelle auf 50% zu kürzen und den Rest der Zeit beim Kunden zu verbringen?


So, ich hoffe, ich habe nichts vergessen. Morgen rede ich erstmal mit meinem jetzigen Chef und versuche, mehr Gehalt oder mehr Urlaub rauszuhandeln. Ich halte euch auf dem Laufenden ;)
 
Bei der ständigen Erwähnung von Teilzeit... Das muss der Job und vor allem der Arbeitgeber auch mit machen. Du kannst das nicht einfach beschließen Teilzeit zu machen. Zumal ich nicht davon ausgehe, dass dein Arbeitgeber sich eine neue und nicht ganz billige Kraft holt um die dann nur 50% zu haben
 
Bei der ständigen Erwähnung von Teilzeit... Das muss der Job und vor allem der Arbeitgeber auch mit machen
Du hast einen gesetzlichen Anspruch auf Teilzeit. Da kann der AG nahezu überhaupt nix dagegen tun.

Aber grundsätzlich würde ich da einen Job im öffentlichen Dienst empfehlen. Dem AG ist es auch völlig wumpe, was Du nebenbei selbstständig machst (bei anderen Unternehmen meckern manche AG wegen Konkurrenz zum)
 
Du hast einen gesetzlichen Anspruch auf Teilzeit. Da kann der AG nahezu überhaupt nix dagegen tun.

Aber grundsätzlich würde ich da einen Job im öffentlichen Dienst empfehlen. Dem AG ist es auch völlig wumpe, was Du nebenbei selbstständig machst (bei anderen Unternehmen meckern manche AG wegen Konkurrenz zum)

Trifft das auch auf AT-Verträge zu? Oder schließt man den einfach direkt mit einer geringeren Stundenzahl ab? Wie sieht es dann mit Überstunden aus, die ja sonst oft mit dem Gehalt als abgegolten gelten?
 
Wie sieht es dann mit Überstunden aus, die ja sonst oft mit dem Gehalt als abgegolten gelten?
Die Formulierung "Überstunden sind mit dem Gehalt abgegolten" ist in Deutschland unwirksam und kann, sofern sie noch in Arbeitsverträgen steht, ignoriert werden. Dazu gibt es inzwischen so viele Urteile, dass der Arbeitsrichter nicht mal mehr aufschaut.
Das gilt allerdings nicht, wenn definiert ist, wie viele Überstunden abgegolten sind. Eine Formulierung wie "10 Überstunden sind mit dem Gehalt abgegolten" ist erst einmal wirksam, da müsste im Einzelfall geklärt werden, ob die jeweilige Anzahl zulässig ist. Das ist dann aber eine Frage für einen Arbeitsrechtsanwalt.
 
@drm: wieviel du für eine Selbständigkeit nehmen kannst, hängt vermutlich sehr stark von deinem Metier/Fachgebiet/Spezialisierung und dem Job/der Branche ab; ich kann dazu nicht viel sagen, ich war immer abhängig beschäftigt, aber würde meinen, dass wenns ne Nische mit genug Verzweiflung bei den Arbeitgebern ist, bzw der Markt mit den "Experten" klein ist, du gut einiges nehmen kannst;
Hol dir mal nen "normalen" Storage- oder Server-Consultant ins Haus, die Firmen nehmen da auch gern 125 - 175 €/h (oder sogar noch mehr?) - ok, der MA bekommt das natürlich nicht, aber bei DB oder anderen Spezialthemen geht da m.W. schon mehr als das.

Beim Gehaltswunsch nicht zu tief einsteigen - höher wirds nicht mehr im Gespräch, umgekehrt kleiner jedoch schon, oft ziemlich schnell sogar.
Ich weiss jetzt keine Details von deinem Job, aber 100k - 120k sollten "mit Verantwortung" schon drin sein heutzutage - kommt aber wie oben gesagt vermutlich stark auf die Branche und die Spezialisierung an.

Gerne genommene Sprüche des Gegenübers bei solchen Interviewthemen sind: "das hätte ich auch gerne", "da müssten wir morgen zumachen", "wie kommen Sie auf so ne hohe Summe" usw... lass dich nicht aus der Fassung bringen mit sowas.

Die Jobbesetzer haben für jede Stelle ein Budget zur Verfügung und das hat ne Obergrenze. Darüber können die halt so ohne weiteres nicht gehen. Es hält dich keiner davon ab denen (schon im Gespräch) abzusagen, wenn ihr Gehaltsmäßig nicht zusammenkommt - was hilfts dir, wenn du nen netten Job hast, aber finanziell jedes Monat unglücklich bist, oder mit den lfd Kosten draufzahlst?

Andersrum natürlich gilts natürlich genauso - was hilft dir der Haufen Geld, wenn du dich jeden Tag weniger gern reinschleppst in die Mühle?

Frag dich selber mal nach deiner eigenen persönlichen absoluten Untergrenze (wieviel MUSS ich MINDESTENS pro Jahr haben - z.B. unter 75.000 kannst du nicht gehen, aus div. Gründen) und richte dich danach aus.
Bei 75k würdest du also denen z.B. sagen: "125!"

Mit Sicherheit handelns dich dann runter (oder auch nicht, siehe Markt und Verzweiflung oben) - wenn nicht, gut, hast ein tolles Gehalt, wenn schon, nähern sich die Verhandlungen deinen 75 an, unter welche du nicht gehen kannst - du hast also immer deine persönliche Schmerzgrenze im Blick.

Wenn sie dir partout weniger bieten als du eigentlich wolltest kannst du z.B. nach Boni oder Aktienoptionen fragen - ggf bieten die sowas, sagen es einem aber nicht unbedingt; Grundgehalt plus Bonus plus Aktienoption == Wunschgehalt? Musst halt mit dem AG im Interview reden und für dich entscheiden, ob das ne Alternative wäre.

Unter nem Chef wie du ihn oben beschreibst würd ich heute nicht mehr arbeiten, aber oft kann man sich das nicht aussuchen, bzw sieht man erst nach ner gewissen Zeit, was für ein Ar*** der ist - das ist jedem sein persönliches Ding, hier ne Entscheidung für sich zu treffen.
 
Das mehr an Geld "wiegt" einen bescheidenen Chef nicht auf.
Also, meine Vorgesetzten haben eine durchschnittliche Haltbarkeitsdauer von drei bis vier Jahren. In etwas über 30 Jahren im gleichen Job habe ich ungefähr acht Vorgesetzte gehabt und einer hat sich mit sieben oder acht Jahren deutlich am längsten gehalten und war auch tatsächlich für der unerträglichste von allen. Gerade da habe ich aber gelernt, dass Vorgesetzte auch "nur Menschen" sind.
Das hört sich doof an und ich kann das womöglich gar nicht wirklich erklären.
In meinem Eifer nach Protektionismus setzte ich nicht nur mich selbst ständig unter Druck, sondern erwartete von meinen Chefs gefälligts ihrer Position zu funktionieren und gute Arbeit zu leisten. Im Gegensatz zu mir, der sich technisch abarbeitet und dabei eher ein Einzelkämpfer bleibt, muss der Vorgesetzte sich in mehreren sozialen Strukturen bewähren und das bedeutet, er zieht die Mittel, die er eben beherrscht oder zu beherrschen glaubt. Klicken-Bildungen und Seilschaften geben ihm ein besseres Gefühl der Kontrolle und Sicherheit. Sexistische Anspielungen, Witze über ethnische Minderheiten, inkorrektes, ja geradezu dummes Verhalten, sollen nicht mehr, als Unsicherheit überspielen, soziales Netz anbieten, Empathie und Kompetenz ersetzen. Die armen Menschen können nicht anders. Wie sollen sie sich denn beweisen?
Als kleiner Angestellter kann man da tatsächlich nicht viel ändern, man muss aber nicht mitmachen.
Es ist nur ein Job.
Die Welt ist voller Idioten und gerade diese werden bevorzugt zu Vorgesetzten.
Die Chance, nun einen guten Chef zu haben, aber in fünf Jahren auf dem Job mit weniger Kohle eingeholt zu werden und da nun ebenfalls einen schlechten Chef zu haben, sind genauso groß, wie umgekehrt den schlechten Chef zu verlieren.
 
Bitte entschuldigt die kleine Pause, hier kommt der aktuelle Stand: Habe meinem Chef vom Angebot erzählt, er war sichtlich überrascht bzw. leicht geschockt über die Höhe des Angebots und hat auch gleich gesagt, dass er da nicht mithalten kann. Nach einigen Tagen Bedenkzeit hat er mir dann ein Gegenangebot gemacht: 5% mehr Gehalt ab Anfang des nächsten Jahres sowie die realistische Chance, bei gleichbleibender Leistung in 2-3 Jahren im Gehalt deutlich nach oben zu kommen auf ca. 85.000€. Bislang hieß es immer, dass so ein Sprung erst nach frühestens 5 Jahren möglich wäre. Natürlich kann man sich nicht zu 100% darauf verlassen, dass das auch wirklich klappt, aber ich würde in diesem Fall versuchen, durch jährliche oder halbjährliche „Leistungsbesprechungen“ zu dokumentieren, dass die Leistung auch aus Sicht des Chefs passt und es somit keinen Grund gibt, den Deal platzen zu lassen bzw. Gründe dafür frühzeitig zu erkennen und zu beheben. Da ich meinen Chef bislang als immer als sehr loyalen und ehrlichen Menschen erlebt habe, glaube ich auch nicht, dass er dann in 2-3 Jahren einen Rückzieher macht. Trotzdem bleibt natürlich ein Restrisiko. Aus meiner Sicht hat der Deal noch den Vorteil, dass ich mir den Gehaltssprung aus Sicht der Kollegen und Chefs „verdiene“ (für eingeweihte Chefs kommt evtl. noch die Loyalität zum AG hinzu) und nicht wie bei der anderen Firma mit einem üppigen Gehalt einsteige und eventuell als „Schmarotzer“ gelte, der sich sein Exklusivwissen teuer bezahlen lässt und nur des Geldes wegen gekommen ist. Ich hoffe, ihr versteht was ich meine. Alles in allem finde ich das Angebot sehr interessant, da ich dann innerhalb weniger Jahre auf ein ähnliches Niveau kommen könnte wie das mir angebotene, mit all den Vorteilen, die ich beim jetzigen AG genieße, vor allem bliebe ich in einem „Mainstream“-Themengebiet, sodass auch spätere Jobwechsel relativ einfach möglich sind, sofern das überhaupt ein Thema wäre.

Ihr merkt es vielleicht, momentan schwingt das Pendel eher zum Verbleib beim jetzigen AG mit der begründeten Hoffnung, in relativ kurzer Zeit einen Sprung zu machen, der dem angebotenen ganz gut entspricht. Allerdings muss ich dazu sagen, dass ich mit dem AG, der das Jobangebot gemacht hat, noch immer keinen Gesprächstermin finden konnte - ich hatte Anfangs gesagt (aber nicht hier im Forum, war spät am Abend des ersten Posts. sorry!), dass meine Gehaltsvorstellungen durch die Nische bei ca. 120.000€ liegen, woraufhin direkt auf das maximale Limit von 90.000€ hingewiesen wurde. Vielleicht hat die Perso gerade einfach viel zu tun, vielleicht haben sie aber doch intern noch jemanden gefunden, der nicht so lange gezögert hat. Insofern kann ich gerade gar nicht sagen, dass ich noch ein Angebot vorliegen habe, aber im schlimmsten Fall hab ich einfach eine deutlich bessere Perspektive bei meinem jetzigen AG ;)
 
Klingt für mich nach einer sehr vernünftigen und fairen Lösung die für auf Dauer evtl. mehr "Seelenfrieden" bringen kann.
 
@drm: Wenn es dir dort gefällt, du viel von deinem Chef hälst (noch? schaun mer in 3 Jahren wieder, wenn "Zahltag" vom Deal sein sollte :)) und mit dem Deal jetzt gut leben kannst, dann bleib da. Würd ich nach jetzigem Kenntnisstand so machen.
Die Firmenzugehörigkeitsjahre freuts auch - falls es mal später zu ner Runde mit "goldenem Handschlag" kommen sollte - bei neuem AG fängst wieder bei 0 an.
 
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