Anonymität - wann und wo?

Herakles

Profifragensteller
Moin!

Nehmen wir an, man könnte mit einer technischen Lösung anonym sein - bei der Nutzung des Internet oder wobei auch immer. Anonym im Sinne von völlig anonym - die Gegenstelle weiß nicht, wer man ist, keine "Zwischenstelle" weiß, wer man ist.

Das ist natürlich vollkommenes Wunschdenken und in Gänze zu Ende gedacht wohl nicht zu machen. Aber als reines Gedankenkonstrukt (von mir aus als Basis für einen Science-Fiction Film): Wobei wäre echte Anonymität erstrebenswert?

Es wäre toll, wenn die Gedanken nicht zwingend nur auf das Internet beschränkt wären, sondern gern auch in anderem Kontext.

Ich bin gespannt auf Eure Ideen!

Viele Grüße
Herakles
 
Moin,
Völlige Anonymität kann und wird es nicht geben. Im Internet eh nicht, weil die Datenpaket ja irgendwie wieder zurück zu Dir selber müssen und im "realen" Leben auch nicht: wie sollen dich Briefe erreichen?
Daher: ein schönes Gedankenexperiment :)

Grüßle
JueDan
 
Eine absolute Anonymität halte ich für nicht erstrebenswert. Schon heute wird unter dem Deckmantel eines Nicknamens viel Unfug getrieben. In der Lebenswirklichkeit unseres richtigen Lebens gibt es auch keine wirkliche Anonymität. Das ist auch gut und richtig so. Welche Motivlage steckt denn dahinter, völlig anonym auftreten zu wollen? Menschen sollten sich zu jeder Zeit verantworten für ihr Tun oder Unterlassen. Bei völliger Anonymität wäre das nicht möglich und es wäre schwierig, sie bei Auswüchsen zur Rechenschaft zu ziehen. Es würde unter anderem auch Tür und Tor geöffnet für Mobbing und Deunziantentum. Wollten wir das wirklich? Dann könnten auch Unschuldige schnell in einen Shitstorm geraten, was ja auch keine Übertreibung ist, da sich solche Fälle bereits häufen. Nicknamen sind nun nicht eine Erfindung des Internet, denn Schriftsteller schrieben auch zu allen Zeiten unter einem Pseudonym. Sehr wahrscheinlich, um sich vor Anfeindungen aggressiver Kritiker zu schützen. Nehmen wir mal an, es wäre technisch möglich, eine absolute Anonymität zu erreichen, was natürlich völlig unrealistisch ist, dann gerieten diese Protagonisten erst recht in den Fokus von Geheimdiensten und NSA. Die fragen sich nämlich auch, was der denn zu verheimlichen hätte... Die jetzige Regelung mit Nicknamen scheint mir ein ausgewogener Kompromiss zu sein, obwohl Politiker das auch am liebsten aushebeln würden. Ansonsten kann jeder eh in kürzester Zeit zur Verantwortung gezogen werden, wenn eine Straftat oder der Verdacht einer Straftat naheliegt. Dann sind die Provider eh verpflichtet, die Verbindungsdaten herauzurücken. Und an Hand der IP eines Rechners kann ja sowieso die Identität (wenn auch eingeschränkt) herausgefunden werden. Ich habe nichts zu verbergen halte ich auch nicht für zielführend, denn angesichts der Massenüberwachung der NSA sehe ich Gefahren, die bereits jetzt viele Demokratien aushöhlen. Obwohl Deine Idee reizend ist, bleibt es eine schwierige Gemengelage.
 
Die beiden Fragen sind in etwa äquivalent:
1) Privatsphäre aufgeben, wo?
2) Geld ausgeben, wo?

Die Antwort ist:
*) Da wo es sich (für mich) lohnt.
 
Das Seltsame daran scheint ja, dass diese Fragen mit dem Internet erst recht gestellt werden, dass mit dem Internet dieses Bedürfnis erst recht bei Vielen aufkam.
Ihr kennt vlt das Phänomen : man reist als Fremder in eine ferne Metropole. Geht dort unter die vielen Menschen - und wähnt sich anonym.
Man zeigt aber sein Gesicht, man wurde von vielen Menschen gesehen, wenn auch nicht als Person/Individuum erkannt bzw identifiziert.

Im Internet ist das "anders", hier kommunizieren wir von eindeutig identifizierbaren Verbindungen & Geräten.
Ich vermute mal, es ist diese Dualität zwischen dem das wir uns im Internet kein Antlitz zeigen (mal mit Ausnahme von bestimmten SocialMedia Portalen) und dennoch wissen dass wir technisch identifizierbar wären.
Es verhält sich ähnlich wie damit, sich im völligem Dunkel zu bewegen. Wir wisssen dass die Dinge da sind, aber nicht mehr präzise und an uns fremden Orten fühlt man sich
der Umgebung quasi ausgeliefert.
Das Internet ist einerseits das "was sich uns auf dem Bildschirm präsentiert", gleichzeitig im Hintergrund aber noch viel mehr - die gesamte Verbindung.

Kommt hinzu : das Internet suggeriert Anonymität, wissen aber, dass sie technisch lediglich eingeschränkt ist.

Die NSA/Snowden Affäfe führte das Ausmass unbekannter Überwachung vor Augen, obschon sich Interessierte längst zuvor mit dieser Thematik auseinandersetzten.

Ja, Anonymität ist insofern wünschenswert, als dass sich das Internet längst von einer isolierten Kommunikationsmtechnik wegbewegt hat.
Das Internet ist heute längst auch Instrument von Wirtschaft & Politik. Im Bedürfnis nach Anonymität sehe ich eher das Bedürfnis nach mehr Unabhängigkeit.
Weniger darin, sich ungestraft unmoralisch im Internet äussern zu können.

Oft wird argumentiert, dass die (wenn auch Schein-) Anonymität im Internet zu einer tieferen Hemmschwelle führt. Unbestritten gibt es welche, welche dies so praktizieren.
Aber wird man dafür belangt wenn man sich zB umgekehrt als zu vorteilhaft präsentiert?
Wird man dafür belangt, andere Menschen im Internet mit einem zu positiven Bild von sich zu täuschen?

Manche Politiker befürworten Überwachungsmassnahmen im Internet natürlich mit Verbrechensbekämpfung. Das ist zum einen sicherlich richtig und recht so.
Doch das Ausmass (zB NSA) welches da verlangt wird, suggeriert, das Internet sei heute quasi beinahe Bedingung dass solche Verbrechen stattfinden können.
Damit wird ein Kreislauf losgetreten, der am Schluss weitaus mehr als das Internet betrifft. Nämlich auch sonstige Form von Überwachung.
Die Kriminellen wissen ja um diese Überwachung und zum anderen werden nur verhältnismässig wenige Verbrechen über's Internet quasi angekündigt.
Dies wiederum weiss auch die Kriminalitätbekämpfung bzw der Staat, die Politik. Also muss man die "Schraube anziehen" und Überwachung erweitern.
Und : jeh näher internetfähige Geräte am Menschen, desto zeitnaher, desto effizienter, also besser. Bis hin zu den nun populären "Wearables".
Und je eher wir dies akzeptieren, desto näher sind wir "1984".
Werden kriminelle Ereignisse verhindert? Ja, durchaus wurden bestimmt schon einige dadurch vereitelt, gelangten sicherlich schon einige hinter Gitter und wurden potenzielle Opfer verschont.
Die Frage ist aber die, nach dem Ausmass. Und wir haben auch die Gewissheit dass sich die psychischen Abgründe stets die Lücken suchen.
 
Wobei wäre echte Anonymität erstrebenswert?

Falls du wählen gehst, kannst du dir diese Frage ja nochmal an der Wahlurne beantworten.

Sicherlich sollte registriert werden, dass ich gewählt habe. Oder dass nur die wählen, die dazu berechtigt sind. Falls das schon die absolute Anonymität aushebeln sollte, ist die Demokratie ein schlechtes Beispiel.
 
Sicherlich sollte registriert werden, dass ich gewählt habe.

Weshalb? Gibt's dafür irgendein Grund?

Wenn ich ab nun meinen Namen oder irgendeine ID-Nummer auf Wahl -und Abstimmungszettel schreiben müsste, käme mir das schon seltsam oder gar suspekt vor.
Eine Demokratie lebt u.A. auch vom Vertrauen dass eine Regierung in seine Bevölkerung hat. Ansonsten ist der Begriff "Demokratie" stark relativiert.
 
Ich habe einen ganzen Batzen Gedanken, die ich nicht äußere. In keinem Kontext. Die sollten meiner Meinung nach durchaus durchdiskutiert werden.

Schön wäre es.
 
Aber ich weiß ja nicht, wie ihr Schweizer das handhabt
Ein paar Wochen vor Wahl/Abstimmung erhält man die Unterlagen inkl Rückantwortcouvert.
Man kann ja sowohl an der Urne als auch brieflich.

An der Urne darf eine Person nur ein Stimm/WahlCouvert einwerfen.
Werden diese bei der Zählung geöffnet und es befinden sich mehrere gleiche Wahl/Stimmzettel drin, wird das gesamte Couvert ungültig.
In manchen Gemeinden gibt's auch noch die Abstimmung per Hand. Die Berechtigten werden räumlich von den NichtBerechtigten getrennt.

Das reicht an Kontrolle. Selbstverständlich wird Wahlbetrug als Offizialdelikt geahndet.

Ich sehe nun wirklich keinen Grund dafür weshalb der Staat wissen sollte, ob oder gar wie ich stimmte.
 
Ich sehe nun wirklich keinen Grund dafür weshalb der Staat wissen sollte, ob oder gar wie ich stimmte.

Na ja, er weiß zumindest, dass du Schweizer bist und wählen darfst. Das ist dann ja keine "absolute Anonymität".

Aber ich glaub wir verheddern uns zu sehr in Demokratie-Details. Ich zieh das Beispiel lieber zurück, damit wir uns aufs eigentliche Thema konzentrieren können.
 
Moin!

Danke für Eure Gedanken. Leider waren nur wenige wirklich auf die Frage gemünzt, die ich eigentlich gestellt hatte:

Wobei wäre echte Anonymität erstrebenswert?

Statt dessen hat der Eine oder Andere eher darüber philosophiert, ob Anonymität sinnvoll sein könnte oder nicht. Sicher auch ein spannendes Thema, aber eigentlich hier nicht gefragt. Meine Absicht war keine Sinndiskussion, sondern ein versuchter zielführender Austausch über "schöne" Dinge, die einem Anonymität bieten könnte. Wann und wo würdet Ihr Euch echte Anonymität wünschen? (Auch wenn ein Umsetzen der Frage utopisch erscheinen mag...)

Grüße
Herakles
 
Das ist, Herakles,

nicht leicht und vielleicht nicht einmal sinnvoll möglich, diese Diskussion. Unter anderem, weil Anonymität recht unterschiedlich definiert und wahrgenommen wird.
Nimm z.B. - wie schon geschehen in der wunderbaren demokratie - eine Demo auf der mal eben alle Leute mit einem Handy per Provider-Abfrage oder per IMSI catcher gelistet werden. Sind die, solange noch keine Zuordnung der Handies/Sims zu den Personalien stattgefunden hat, anonym oder nicht?
Oder die Millionen Bürger, deren Meta-Daten im net zwischen Geheimdiensten herumgereicht werden; sind die anonym oder nicht?

Zum anderen ist die Frage sinnlos, weil es so gut wie keine wirkliche Anonymität gibt. Das bisschen Anonymität, das es noch gibt, gibt es nur, weil die Möglichkeiten, sie zu durchdringen noch nicht genutzt werden, soweit bekannt. Die Mittel zur Durchdringung sind aber - man darf wohl annehmen nicht versehentlich sondern bewusst - vorhanden und werden auch weiter ausgebaut.

Und dann ist da noch die Frage "Anonym für wen?". Heute, um mal ein etwas krasses Beispiel zu nehmen, bin ich "anonym" beim Pornosurfen. Will heissen, ich bin nicht wirklich anonym, aber das ist in dieser Hinsicht folgenlos und egal. Was, wenn, nur mal angenommen, fundamentalistische Christen oder Muslims an die Macht kämen? Dann wäre der technisch selbe Zustand plötzlich folgenschwer.

Ich persönlich denke, dass es wirkliche Anonymität nie gab, jedenfalls nicht allgemein und üblich. Und ich denke, dass sie auch gar nicht nötig ist. Wir Menschen sollten durchaus verantwortlich - und gegebenenfalls nachvollziehbar - sein, was unser Handeln angeht. Aber und das ist ein fettes Aber: Dazu brauchen wir auch einen fairen und rechtsstaatlichen Rahmen, den wir leider nicht haben (siehe z.B. Geheimdienste, polizeiliche Missbrauchsfälle, usw).

Momentan scheint es so zu sein, dass gar nicht die Realität beschrieben wird bei der Diskussion, denn die, die Anonymität wollen, meinen damit eigentlich ein Minimum an Anonymität angesichts der schwerwiegenden Grundrechtsverstöße und Daten- und Kontrollwut der Staaten. Anders ausgedrückt müssten die, die für Anonymität kämpfen (und programmieren und ...) eigentlich "Grundgesetztreue" heissen. Denn darum geht es.
 
Moin!

Danke für Eure Gedanken. Leider waren nur wenige wirklich auf die Frage gemünzt, die ich eigentlich gestellt hatte:

Wobei wäre echte Anonymität erstrebenswert?

Statt dessen hat der Eine oder Andere eher darüber philosophiert, ob Anonymität sinnvoll sein könnte oder nicht. Sicher auch ein spannendes Thema, aber eigentlich hier nicht gefragt. Meine Absicht war keine Sinndiskussion, sondern ein versuchter zielführender Austausch über "schöne" Dinge, die einem Anonymität bieten könnte. Wann und wo würdet Ihr Euch echte Anonymität wünschen? (Auch wenn ein Umsetzen der Frage utopisch erscheinen mag...)

Grüße
Herakles
Und? Du hast eine Frage gestellt, aber Dich nicht wirklich selber positioniert zu dieser Thematik. In welchen Lebenslagen und Lebensbereichen ist Dir denn vollkommene Anonymität erstrebenswert oder sinnvoll? Eine nahezu vollkommene Anonymität ist nur gewährleistet, wenn Du Dein Handy entsorgst und Deinem Provider den Internet Zugang kündigst. Aber wer will denn das schon wirklich?
 
Wobei wäre echte Anonymität erstrebenswert?

Möglichst Anonymität fände ich dann erstrebenswert, wenn man in einem politischen System leben würde, welches keine kritische Meinungsäusserung zuliesse.

Ich persönlich denke, dass es wirkliche Anonymität nie gab, jedenfalls nicht allgemein und üblich.
Genau aus diesem Grund nannte ich das Beispiel "Als Fremder in einer Stadt".
Denn : Kann eine Kommunikationstechnik mehr Anonymität bieten als das sonstige Leben?
Was wir im Internet erleben ist aus meiner Sicht lediglich die Pallelität dessen was sich schon seit Jahren abspielt.

Man gehe dazu zB nur mal nach London oder in eine andere grössere britische Stadt. Sag das jetzt so als Beispiel. Dort schaue man sich mal genau um : Kameras überall.
Lediglich ein exemplarisches, stellvertretendes Beispiel.

Worin besteht der Unterschied zwischen dem Internet und dem übrigem Leben?
Wir sind doch identifizierbar, lokalisierbar usw. Das hat Sinn und Zweck, kommt uns ebenso auch zu Gute.
Dann gibt es natürlich noch andere Dinge wie zB das sog. "Vermummungsverbot". Also, dass man in der Öffentlichkeit das Gesicht nicht verdecken darf. Es gibt (mit wenigen Ausnahmen) auch kaum Länder in denen keine Ausweispflicht besteht.

Momentan scheint es so zu sein, dass gar nicht die Realität beschrieben wird bei der Diskussion, denn die, die Anonymität wollen, meinen damit eigentlich ein Minimum an Anonymität angesichts der schwerwiegenden Grundrechtsverstöße und Daten- und Kontrollwut der Staaten. Anders ausgedrückt müssten die, die für Anonymität kämpfen (und programmieren und ...) eigentlich "Grundgesetztreue" heissen. Denn darum geht es.

Das Internet ist halt nun mal international.
Daher relativiere ich an dieser Stelle "angesichts der schweren Grundrechtverstösse".
Völlige Anonymität ist kein Grundrecht - wie wir ja auch aus dem übrigen Leben sehen.

Wenn ich in ein anderes Land reise, muss ich damit rechnen, an der Grenze gefilmt und/oder kontrolliert zu werden. Manche Länder (GB) verlangen bei der Einreise sogar eine Aufenthaltsangabe. Sind das Grundrechtverstösse? Nein, sind es nicht.
Und so ist es für mich auch kein Grundrechtverstoss wenn irgendein Staat Daten über meinen Internetverkehr sammelt. Es mag ethisch fragwürdig und kritisierbar sein.
Aber es gab im Internet niemals diesen Anspruch bzw ein Versprechen auf völlige Anonymität - ansonsten wüsste ich nichts davon.
Meine Grundrechte werden weder durch Vorratsdatenspeicherung noch durch NSA/GCHQ Datensammlerei beiträchtigt.
 
Wobei wäre echte Anonymität erstrebenswert?
Nirgends! Es sein denn ich hätte vor den Server meiner Bank zu hacken, irgendwo ein Packet mit Sprengstoff zu hinterlassen oder einen Juvelier um seine Bestände zu erleichtern. Na ja, den Besuch eines Hotels in der Begleitung einer jungen Dame von der meine Ehefrau nichts wissen sollte, gehört wohl auch dazu. Also alles Dinge die ich besser unterlassen sollte... ;)

Im übrigen hat Ralli die richtige Frage gestellt: Warum interessiert dich das so und wo stehst du?
 
Es ist bezeichnend, dass Anonymität immer mit Straftaten in Verbindung gebracht wird.

Was ist denn mit personalisierter Werbung auf einem Rechner, den man mit seiner Ehefrau teilt? Braucht doch nicht ständig ein Seitensprung sein (zwar keine Straftat, aber wieder so "böses" Beispiel). Du suchst nach einem Geschenk für ihren Geburtstag auf Amazon und schwupps bekommt sie beim nächsten Browser-Aufruf diesbezügliche Werbung. Super.

Oder diese unappetitliche Vaginalpilz-Werbung auf youtube... Das zeigt mir wenigstens, dass personalisierte Werbung noch nicht sonderlich ausgereift ist. Warum sollte ich irgendwo Spuren hinterlassen wollen, wenn ich mal nach Krankheiten suche und mich informiere? Google kann mit solchen Daten ja bereits recht gut Grippewellen grafisch darstellen.

Und was Straftaten angeht: Komisch, was? Die funktionieren auch jetzt schon. ;)
 
Das Problem ist, dass das was Strafbar ist sich ja ändern kann. Nicht nur in die Richtung, dass mehr Dinge verboten werden, sondern auch das Dinge legalisiert werden. Homosexualität zum Beispiel.

Das geht natürlich besser, wenn man den Status Quo angreifen kann. Ohne seinen Job zu verlieren. Ohne wegen Anstiftung zu Straftaten eingeknastet zu werden. Mit Anonymität kann man die Gesellschaft verändern ohne dafür zum Märtyrer werden zu müssen. Das finde ich ziemlich wertvoll.
 
Man muss bei dem Thema auch bedenken, dass es kein Recht auf Anonymität gibt. Woraus sich allerdings ein gewisses Recht auf Anonymität ergibt, sind Grundrechte wie das auf Privatsphäre oder Vertraulichkeit der Kommunikation. Hierbei ist Anonymität mitunter das (oder ein) Mittel zur praktischen Umsetzung.

In diesem Zusammenhang ist auch zu bedenken, dass der Staat per se keine Rechte hat; diese leiten sich immer aus der Verantwortung für und Umsetzung von Bürgerrechten her. Das Grundrecht schlechthin, auf das der Staat sich gerne beruft ist das auf Sicherheit (der Bürger). Im Sinne des Grundgesetzes müsste der Staat klar aufzeigen, dass Einschnitte in ein Grundrecht in der Abwägung zugunsten eines anderen Grundrechts begründet sind - das klassische Freiheit vs. Sicherheit Problem.

Ganz ähnlich muss aber auch der Bürger einen Anspruch auf Anonymität aus einem tatsächlichen Grundrecht herleiten können. Ein typischer Fall wäre, dass medizinische Daten soweit irgend möglich nur in anonymisierter Form gespeichert oder weitergegeben werden dürfen.

Mir persönlich scheinen beide Seiten unsauber zu argumentieren, sowohl der Bürger, der meint, er habe ein allgemeines Recht auf Anonymität, als auch - und schwerwiegender - der Staat, der zunehmend Bürgerrechte nicht nur Sicherheitsüberlegungen sondern sogar rein kommerziellen Interessen unterordnet (siehe z.B. Meldedaten).
 
Es ist bezeichnend, dass Anonymität immer mit Straftaten in Verbindung gebracht wird.
Ich habe das nicht mit Straftaten begründet sondern mit "Dingen die man nicht tun sollte", also ethisch. Aber im übrigen sind die meisten der Dinge die strafbar sind - nicht alle wohlgemerkt - auch ethisch verwerflich oder zumindest bedenklich. Das der eine oder andere meint sich über derartiges hinwegsetzen zu können oder sogar zu müssen, ist ein ganz anderes, eher bedenkliches Thema.
Was ist denn mit personalisierter Werbung auf einem Rechner, den man mit seiner Ehefrau teilt? Braucht doch nicht ständig ein Seitensprung sein (zwar keine Straftat, aber wieder so "böses" Beispiel). Du suchst nach einem Geschenk für ihren Geburtstag auf Amazon und schwupps bekommt sie beim nächsten Browser-Aufruf diesbezügliche Werbung. Super.
Das Problem ist hier nicht die mangelnde Anonymität sondern der Mißbrauch von technologisch-ökonomischer Macht die sich um ethische und politische Minimalstandarts unserer Zivilisation einfach hinwegsetzt, - und sich wie es scheint das auch erlauben kann. Du verwechselst hier Ursache und Folge.
Das Problem ist, dass das was Strafbar ist sich ja ändern kann. Nicht nur in die Richtung, dass mehr Dinge verboten werden, sondern auch das Dinge legalisiert werden. Homosexualität zum Beispiel.

Das geht natürlich besser, wenn man den Status Quo angreifen kann. Ohne seinen Job zu verlieren. Ohne wegen Anstiftung zu Straftaten eingeknastet zu werden. Mit Anonymität kann man die Gesellschaft verändern ohne dafür zum Märtyrer werden zu müssen. Das finde ich ziemlich wertvoll.
Ich halte das für ein Scheinargument. Die politischen Verhältnisse werden dann geändert wenn die Menschen erkennbar werden und ihr Gesicht zeigen wie auf dem Maidan in der Ukraine oder in der Ex-DDR. Und die Machenschaften der NSA wären immer noch ein Gerücht das man glauben könnte oder nicht wenn da nicht jemand mit sehr viel Mut sein Gesicht gezeigt hätte und als Person indentifizierbar geworden wäre.

Ohne Risiko bewegt sich nichts, und risikolose Anonymität führt nur zu politischen Blähungen die weniger gut riechen. In der Anonymität kann jeder jeden Quatsch behaupten ohne dafür als Person auch einstehen zu müssen.

Im übrigen verkenne ich die Problematik des Lebens unter repressiver staatlicher Macht sicherlich nicht, diskutiert wird das aber vor allem in der eher komfortablen Zone westlicher Gesellschaften.
 
Alles hat seinen Preis. Bei Tante Google bin ich nicht der Kunde, sondern das Produkt. Das gilt auch für Facebook und viele Andere. Im Kapitalismus ist nichts umsonst. Die Währung sind unsere Daten. Personenbezogene Werbung hat mich noch nie wirklich gestört, ich blende sie aus und nehme sie erst garnicht wahr. Das gilt auch für die klassische Werbung in den Medien. Ich bin nicht beeinflußbar oder manipulierbar durch Werbung, sondern treffe meine Kaufentscheidung für ein bestimmtes Produkt, nachdem ich mich vorher ausreichend über die Vor- oder Nachteile informert habe. Künstlich erzeugte Bedürfnisse haben bei mir keine Wirkung. Ganz einfach weil ich weiss, wer ich bin und was ICH will.
 
Das Problem ist hier nicht die mangelnde Anonymität sondern der Mißbrauch von technologisch-ökonomischer Macht die sich um ethische und politische Minimalstandarts unserer Zivilisation einfach hinwegsetzt, - und sich wie es scheint das auch erlauben kann. Du verwechselst hier Ursache und Folge.

Und somit ist Anonymität nicht mehr wünschenswert? Dieser Schlussfolgerung kann ich nicht folgen. Wenn Politiker meinen, meine Daten per Gesetz schützen zu können (am besten auch noch über niedliche EU-Gesetze, die sich an US-Firmen wenden), so sehe ich den Bedarf an Anonymität erst recht.

In der Anonymität kann jeder jeden Quatsch behaupten ohne dafür als Person auch einstehen zu müssen.

Eine Aussage wird weniger wahr, wenn kein Name dranklebt? Und richtiger, wenn ein Name genannt wird?
Die Falsifikation ist einfach: Ruf doch ein Nachrichtenportal deiner Wahl auf und lies Artikel (mit Namen veröffentlicht) über ein dir vertrautes Thema durch.

Außerdem ist es Aufgabe eines jeden selbst, seine Medienkompetenz aufzubauen und zu erhalten.
 
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