Paradigmenverschiebung bei Unternehmens-IT-Infrastrukturen

Ich habe vor ein paar Wochen mit einem Juristen von Verdi gesprochen, der unter anderem Betriebsräte in IT-zentrischen Unternehmen betreut, auf Betriebsversammlungen spricht und so weiter. Er meinte direkt, dass natürlich alle, aber sehr viele ITler ein mit sozialen Berufen wie Kranken- oder Altenpfleger vergleichbares Stockholmsyndrom gegenüber ihrem Arbeitgeber haben und ich denke aus meiner Erfahrung, dass man dem zustimmen kann.

In meinem Augen ist ein sehr großer Teil des Dramas, dass viele ITler in großen, börsennotierten oder sich im Besitz von Finanzinvestoren befindenen Unternehmen arbeiten, aber schon bei grundlegenden Dingen aus den großen Bereichen 'betriebswirtschaftliches Denken' und 'Kapitalmarkt' auf Durchzug schalten. Bestenfalls. Manchmal fallen dann ganz schnell Begriffe wie "Bullshit" oder "Bingo". Damit sind aber zwei grundlegende Dinge nicht klar:
  • Solche Unternehmen existieren, um ihre Aktionäre oder Investoren etwas reicher zu machen. Nicht, um gute Arbeitgeber zu sein, seinen Kunden ein guter Partner oder womöglich die Menschheit voranzubringen. All das ist maximal Mittel zum Zweck. Letztendlich ist das einzige Ziel, an dem Management und Unternehmen gemessen werden, beim nächsten Earnings Call in allen wichtigen Kennzahlen mindestens so gut wie das Marktumfeld, idealerweise etwas besser darzustehen.
  • In den meisten Ländern sind Vorstände auf die eine oder andere Art gegenüber ihren Investoren haftbar und können im Extremfall sogar strafrechtlich belangt werden. Das ist ein komplexes Thema, wo auch Compliance, SOX und so weiter reinspielen, im Kern läuft es aber darauf hinaus, dass man Frameworks wie ITIL implementiert, im den eigenen Arsch im Trockenen zu haben. Man kann dann immer sagen, dass man einem anerkannten Framework folgte und fertig, alles Weitere ist dann Aufgabe der Juristen. Das es in der Praxis nicht funktioniert, ist nicht relevant, da es nicht Teil der Frage war.
Das führt dann dazu, dass augrund es eigenen Anspruchs gute Arbeit zu leisten ohne allzu großes Murren Überstunden ohne Ende geschoben werden; einfach da nicht genug Person da ist, die Arbeit aber gemacht werden muss. Dazu so Dinge wie Bereitschaftsanruf morgens um 3, aber unter Ignorieren der gesetzlich vorgeschriebenen Ruhezeit um 8 doch wieder im Büro sitzen. Das alles, weil es entweder nie genügend Stellen gab freigewordenen Stellen gar nicht oder nur schleppend neubesetzt werden, etc. Und wenn es dann nach ein paar Jahren Diagnose Burnout heißt, der Arbeitgeber nur mit den Schultern zuckt und sich jemand anders Dummen sucht, den er wie eine Zitrone auspressen kann, gibt es lange Gesichter.

Genau das gleiche Spiel beim Material. Es wird unter irgendwelchen Vorwänden keine Hardware oder keine Software gekauft, kein externes Know-How geholt, wenn es notwendig ist. Denn all dieses kostet Geld, lässt das Unternehmen schlechter darstehen. Also wird gefrickelt und gebastelt und tatsächlich geht der Wahnsinn sehr lange gut. Aber irgendwann eben nicht mehr. Und man darf einmal raten, wer dann der Dumme ist.

Oder auch Frameworks wie ITIL und co. Oft genug heißt es von oben: "Wir machen nun XYZ, arbeite dich mal schnell ein. Wir haben die auf LinkedIn einen Online Learing Kurs gebucht". Der dumme Arbeitnehmer macht es dann, obwohl er gar nicht die Voraussetzungen hat, versteht maximal die Hälfte und am Ende geht die Sache schief. Wer hat dann wieder Schuld?

Das war nun alles polemisch. Aber wenn ich diesen Thread so lese, kann ich vielen Nutzern hier nur raten, sich einmal über diese Dinge Gedanken zu machen. Und dann die persönlichen Konsequenzen zu ziehen. Das kann Dienst nach Vorschrift oder eine LMAA-Einstellung sein, da sage sogar ich als Arbeitgeber: Man hat einen Vertrag mit meist 35 bis 40 Stunden, Dinge wie Personalplanung oder Bereitstellung des Arbeitsmaterials ist nicht Aufgabe des Arbeitnehmers. Wenn der Arbeitgeber die Personalplanung - aus welchen Motiven auch immer - nicht im Griff hat oder nicht willens ist das benötigte Arbeitsmaterial zu stellen ist das per Definition niemals das Problem des Arbeitnehmers. Punkt.
Oder man schaut, ob man nicht einen anderen Job in einem kleineren, idealerweise inhabergeführten Unternehmen gibt, wo es einen Willen gibt gute Arbeit und nicht nur Investoren reicher zu machen.
 
Jeder interessiert sich nur noch dafür, möglichst vertragsgenau ein Ticket abzuarbeiten und dabei möglichst wenig Zeit zu investieren, also möglichst schnell zu schließen oder weiter zu leiten.
Das ist auch die einzige Möglichkeit, da länger als 1 Monat zu arbeiten. Der Typ im First macht nur das, was der Chef ihm sagt und wenn der Chef sagt "mach das Ticket so schnell es geht zu" anstatt "helf dem Kunden so gut es geht" dann ist das halt so.
Das kommt im übrigen von "Geiz ist geil" oder auch gern gesehen "also Ihre Preisgestaltung ist ja eine Frechheit. Hujimin IT bietet das für die Hälfte an. Wir kommen nicht ins Geschäft"
 
Naja, viele Kunden bestehen auch drauf, dass man ne ISO Zertifizierung hat und da muss halt ITIL her.
Und ganz ehrlich: Ich find (aus Dienstleistersicht) ITIL schon gut. Verlängert Prozesse enorm, macht Arbeit zäh aber dieser Mehraufwand bedeutet auch mehr Geld vom Kunden. (Stundenpreise) Ist ne tolle Sache

Der entscheidenden Punkt ist: ITIL hat genau gar nichts mit Computern zu tun; du brauchst nichtmal wissen was ein Computer ist, und kannst ganz problemlos ITIL machen. Aber Du kannst jeden Bürokraten vom Bauaufsichtsamt oder von der Lebensmittelbehörde dransetzen und der wird ITIL auf Anhieb verstehen, weil es genau das ist was der schon immer macht.
 
Ich habe vor ein paar Wochen mit einem Juristen von Verdi gesprochen, der unter anderem Betriebsräte in IT-zentrischen Unternehmen betreut, auf Betriebsversammlungen spricht und so weiter. Er meinte direkt, dass natürlich alle, aber sehr viele ITler ein mit sozialen Berufen wie Kranken- oder Altenpfleger vergleichbares Stockholmsyndrom gegenüber ihrem Arbeitgeber haben und ich denke aus meiner Erfahrung, dass man dem zustimmen kann.

Das halte ich für ein Mißverständnis. Es ist aber ein nachvollziehbares Mißverständnis, denn Gewerkschaften denken nunmal in einem Paradigma der Industrialisierung, wo es einen Grundkonflikt zwischen Unternehmern und Arbeitern gibt - wobei der Arbeiter grundsätzlich fremdbestimmt arbeitet, d.h. der tut das was ihm angeschafft wird.
Wenn du nun aber eine Software entwickelst, oder ein Rechenzentrum designst, dann bist du kreativ tätig, dann gestaltest du selber etwas. Dann ist das dein Baby, und da ist es völlig normal, dass man sich damit identifiziert. Deswegen haben Computerfreaks schon immer nächtelang gehackt, bis eben ein Ergebnis da war.
Das "Stockholmsyndrom" ist m.E. hier Unsinn, sondern der Mensch hat ein natürliches und völlig gesundes Verantwortungsgefühl, wenn man ihn denn kreativ sein läßt! Und das eben nicht gegenüber dem Arbeitgeber, sondern gegenüber den Menschen oder Dingen mit denen man arbeitet.

Erst in der betriebswirtschaftlichen Betrachtung, wo man nur Geld zählt, wird dieser Aspekt dann ignoriert und in der Konsequenz effektivstmöglich ausgebeutet. Von hier an ist die gewerkschaftliche Kritik völlig berechtigt, aber sie greift zu kurz, was die Ursachen angeht.

In meinem Augen ist ein sehr großer Teil des Dramas, dass viele ITler in großen, börsennotierten oder sich im Besitz von Finanzinvestoren befindenen Unternehmen arbeiten, aber schon bei grundlegenden Dingen aus den großen Bereichen 'betriebswirtschaftliches Denken' und 'Kapitalmarkt' auf Durchzug schalten. Bestenfalls. Manchmal fallen dann ganz schnell Begriffe wie "Bullshit" oder "Bingo".

Das würde ich so nicht sagen. Viele handeln selber mit Aktien und wissen durchaus wie das alles funktioniert.
Der Bullshit Bingo kommt von woanders her. Ich bin unzählige male in Meetings gesessen, wo eifrig irgendwelche Buzzwords hin- und hergeworfen wurden. Ich erlaube mir dann, zu fragen, was das denn eigentlich heißt (komischerweise tut das niemand sonst). Und es hat sich dann gelegentlich herausgestellt, dass kein einziger der Teilnehmer wusste was es heißt. Man hat da also zwei Stunden Meeting abgefeiert (und im Wesentlichen sog. "Sachzwänge" verwaltet), ohne überhaupt zu wissen wovon man redet!

  • Solche Unternehmen existieren, um ihre Aktionäre oder Investoren etwas reicher zu machen. Nicht, um gute Arbeitgeber zu sein, seinen Kunden ein guter Partner oder womöglich die Menschheit voranzubringen.

Das ist ein Grundproblem - dass das betriebswirtschaftliche Paradigma nicht hinterfragt wird. Eigentlich existiert ein Unternehmen, weil es ein geiles Produkt hat. Und der Investor existiert, damit das Unternehmen die Möglichkeit kriegt, dieses geile Produkt den Menschen zugänglich zu machen. Dass dabei dann auch Profit rauskommt, ist eine Folge, und nicht das ursächliche Motiv.

In der betriebswirtschaftlichen Denke hat man das leider umgedreht, und hat das Geldmachen zum Selbstzweck erklärt, wobei das Produkt unwichtig wird und eigentlich auch wegfallen kann, solange es nur gelingt, dem Konsumenten einzureden, da wäre ein geiles Produkt. (Alles weitere, inclusive der Bankenkrise, sind Folgefehler.)

Das war nun alles polemisch. Aber wenn ich diesen Thread so lese, kann ich vielen Nutzern hier nur raten, sich einmal über diese Dinge Gedanken zu machen. Und dann die persönlichen Konsequenzen zu ziehen. Das kann Dienst nach Vorschrift oder eine LMAA-Einstellung sein, da sage sogar ich als Arbeitgeber: Man hat einen Vertrag mit meist 35 bis 40 Stunden,

Das funktioniert nicht gut. Auch wenn man Dienst nach Vorschrift macht, macht das keinen Spaß, und man wird dabei letztlich krank. (Ich denke, Burnout ist in diesen Zusammenhängen ein Begriff, der nicht ganz verstanden ist.)

Aus eigener Erfahrung: In meiner besten Zeit bin ich Montagmorgen zur Arbeit gegangen, zu einem Kunden in Deutschland, und hab da den Kram organisiert (Datenbanken für Versicherung). Bis Donnerstag. Donnerstagmittag bin ich zum Airport und in den Nahen Osten geflogen, und hab Freitag/Samstag dort mit deren Kunden gearbeitet (Hochverfügbarkeitslösungen für Banken) oder Schulungen gemacht. Sonntag bin ich dann zurückgeflogen.
Das hat riesig Spaß gemacht, und weißt du warum: weil mir nie irgendjemand gesagt hat was ich wie tun soll. Meinen Chef hab ich alle Vierteljahr mal gesehen, und ansonsten gab es den üblichen Projektstab, der die Bürokratie abgewickelt hat, und alles andere hab ich selber gemanagt. (Und -mal ganz ehrlich- die wirklich geile Droge bei dem ganzen war: wichtig sein und gebraucht werden. Dafür gibt man dann alles und liefert das bestmögliche, und am ende ist der Kunde glücklich und man selber auch.)

Der entscheidende Punkt ist m.E. nicht, wieviele Stunden man arbeitet, sondern ob man kreativ arbeiten und selber gestalten kann (und das dann auch honoriert wird). Darauf sind die Strategen auch irgendwann gekommen, und haben dann die "Agile" Sau durchs Dorf getrieben - grad als wär das was neues.
Und die Unternehmen sind aufgesprungen. Dann hat man in meinem Shop erstmal angefangen, ein "Diversity" Projekt aufzusetzen, weil "Diversity" gaaanz wichtig für den Unternehmenserfolg ist. (Ich hab das nicht ganz verstanden, und ich weiß auch bis heute nicht, wie ich Transsexuelle softwareaseitig implementieren kann.) Und schließlich hat man die Lösung gefunden und hat in einer Massenentlassung die verhaßten alten weißen Männer (die ja bekanntlich Berührungsängste mit der IT haben und Innovationen ablehnen) in ihre verdiente Altersarmut geschickt (ausgenommen Manager und Machtpositionen), und sucht stattdessen Agile-Leute.
Seitdem bin ich arbeitslos, und, da ich mit Skill gehandicapt bin, auch nicht vermittelbar.
 
Was soll das denn bedeuten? Ist Fähigkeit (Skill) etwa ein Malus?

Natürlich. Gesucht werden Leute, die ITIL können, und die eine TicketverwaltungsSoftware im Windows bedienen können. Für alles weitere haben sie ein Handbuch, wo drinsteht, was bei welchem Problem zu tun ist - das brauchen sie nicht verstehen, sondern nur durchführen.

Das sind die fehlenden Fachkräfte, die angeblich händeringend gesucht werden.
Und wichtig ist ausserdem, dass sie zum Mindestlohn bezahlt werden. Wobei aber auch die eher nicht hier gesucht werden, sondern lieber in Tschechien, weil da der Mindestlohn geringer ist.
 
Als vor einem Vierteljahrhundert tausende Unternehmensberater begannen durch die Betriebe zu ziehen und vom Vorstand bis zur Klofrau alles für QM geschult wurde, DIN-ISO 900xxx Zertifizierungen und Audits das Arbeitsleben begannen zu dominieren, Qualität angeblich „planbar“ wurde ... erinnerte mich das schon etwas an vergangene Zeiten in VEBs ( volkseigene ddr Betriebe ) - zumindest soweit, ich sie im Rahmen des UTP ( wöchentlicher Unterrichtstag in der Produktion ) an der Polytechnischen Oberschule kennengelernt hatte.
Meine kritischen Nachfragen, nachdem begeisterte Untetnehmensberater erklärten, dass DIN ISO 9000 nun offiziell das inoffizielle Label „Made in Germany“ ersetzten würde - und dies weltweit ... was denn dann aus dem Alleinstellungsmerkmal „ Made in Germany “ würde, stießen nur auf ablehnendere Unverständnis ...
Nun gut „Made in Germany” hat sich anderweitig erledigt, da es solche Produkte eh nicht oder kaum noch gibt.
Aber die Unternehmensberater wurden nie wirklich satt! Nach QM kamen umweltzertifikate etc. Irgendwann kam Kaizen.
ITIL entstammt ganz sicher dem gleichen Misthaufen!
Früher versammelte sich das Kollektiv zu schichtbeginn an der Wandzeitung und beriet wie man mit Ressourcenschonung und 110% Leistung den Plan um 120% übererfüllen könne um gegen den Klassenfeind zu bestehen und ihn irgendwann vernichten zu können ... heute steht das Team vor Arbeitsbeginn vor der Magnettafel mit Diagrammen und Smiley-Buttons... und die gleichen Charaktere wie früher, schwafeln den gleichen inhaltslosen Schwachsinn
 
Dann hat man in meinem Shop erstmal angefangen, ein "Diversity" Projekt aufzusetzen, weil "Diversity" gaaanz wichtig für den Unternehmenserfolg ist. (Ich hab das nicht ganz verstanden, und ich weiß auch bis heute nicht, wie ich Transsexuelle softwareaseitig implementieren kann.) Und schließlich hat man die Lösung gefunden und hat in einer Massenentlassung die verhaßten alten weißen Männer (die ja bekanntlich Berührungsängste mit der IT haben und Innovationen ablehnen) in ihre verdiente Altersarmut geschickt (ausgenommen Manager und Machtpositionen), und sucht stattdessen Agile-Leute.
Sei einfach froh, dass ein ein heterosexueller weißer Mann bist. Wenn auch alt. Und dir nicht ständig dumme Kommentare bis offene Pöbeleien zu deiner Haut-, Augen- oder Haarfarbe anhören musst. Dir nicht ständig irgendwelche Eigenschaften angedichtet werden. Und so weiter. Der Alltagsrassismus und die Alltagsintoleranz halt.
 
Als vor einem Vierteljahrhundert tausende Unternehmensberater begannen durch die Betriebe zu ziehen und vom Vorstand bis zur Klofrau alles für QM geschult wurde, DIN-ISO 900xxx Zertifizierungen und Audits das Arbeitsleben begannen zu dominieren, Qualität angeblich „planbar“ wurde ...

Das ist eigentlich ganz einfach: alles was "gemanagt" werden muss, ist nicht da oder nicht selbstverständlich. Wenn man also ein Qualitätsmanagement braucht, dann hat man keine Qualität, wenn man ein Kundenzufriedenheitsmanagement braucht, hat man unzufriedene Kunden, usw.
 
Woher willst Du das wissen?
Ganz einfach:
Massenentlassung die verhaßten alten weißen Männer
Seitdem bin ich arbeitslos,
-> Alter Mann und weiß.


ein "Diversity" Projekt aufzusetzen, weil "Diversity" gaaanz wichtig für den Unternehmenserfolg ist. (Ich hab das nicht ganz verstanden, und ich weiß auch bis heute nicht, wie ich Transsexuelle softwareaseitig implementieren kann.)
Stumpfes Gepöbel gegen Diversity und Seitenhieb auf transsexuelle Menschen -> Wahrscheinlich heterosexuell. Oder vielleicht auch anders orientiert aber mit sich selbst darüber nicht im Reinen.
 
Das ist eigentlich ganz einfach: alles was "gemanagt" werden muss, ist nicht da oder nicht selbstverständlich. Wenn man also ein Qualitätsmanagement braucht, dann hat man keine Qualität, wenn man ein Kundenzufriedenheitsmanagement braucht, hat man unzufriedene Kunden, usw.


Und ein Personalmanagement weil man kein Personal hat, und ein Gebäudemanagement weil man keine Betriebsgebäude hat, ...
 
Ganz kurz mal zur ISO 9000, ich habe 1996 eine Zusatzausbildung machen dürfen und darf eine Zertifizierung durchführen. Der Forderungskatalog der DIN ISO mit seinen 20 Forderungen ist etwas wirklich Gutes. Allerdings wurde sie bei den allermeisten Firmen nach der Einführung umgehend mißbraucht, um das Firmenimage aufzupolieren und nie auch nur ansatzweise konkret umgesetzt. Denn richtig umgesetzt kostet Qualität Geld, richtig viel Geld. In der Fa. meines Sohnes werden PKW's umgebaut und gepanzert, aber der Ausschuß ist viel zu hoch, trotz Qualitätsmanagement. Da werden auftretende Probleme immer noch erklärt statt gelöst. Grundsätzlich ist die DIN ISO eine gute Sache, vorausgesetzt, sie wird gelebt und verinnerlicht und die Prozesse werden richtig dokumentiert und stetig verbessert. Nur mal so am Rande. Wo sich mit Händen und Füßen gegen Qualitätsmanagement gewehrt wird, ist was oberfaul....;) Aber heute reift das Produkt ja beim Kunden.:D
 
Und ein Personalmanagement weil man kein Personal hat, und ein Gebäudemanagement weil man keine Betriebsgebäude hat, ...

Genau, ein Personalmanagement braucht man wenn man über sein Personal nichts weiß, und ein Gebäudemanagement, wenn man vom Gebäude keinen Plan hat.
 
Irgendwie sehe ich das mittlerweile auch so wie @PMc. Dieses ganze ITIL-und Management-Zeugs usw. kommt mir in weiten Teilen so vor als ob das nur für Leute mit Anzügen, die Powerpoints, Flipcharts und immer mega coole Buzzwords parat haben, gemacht ist. Nur über etwas reden, aber ohne Bindung zur Praxis, wo es ja eigentlich Anwendung finden sollte. Leeres blabla, Prozesse blabla, changes blabla. Wir machen ja so ein Kram auch und als wir mal eine ITIL-Schulung (mit anschließender Prüfung) hatten und der Dozent immer so mega coole Beispiele brachte, habe ich ihn mal gefragt ob er jemals ein echtes IT Problem lösen musste. Die wenig überraschende Antwort: "Natürlich nicht. Muss ich ja auch nicht."
Das war also einer, der wusste wovon er spricht.
Ich jedenfalls bekomme zu diesem Kram absolut keinen Bezug. Wenn dann noch eine BSI-Zertifizierung dazu kommt, und das kommt sie zurzeit, wird alles komplett abgedreht.
Bekomme wohl einfach nicht den intellektuellen Zugang dazu hin.
 
Ich habe mich gerade ein wenig in ITIL eingelesen, um eine ungefähre Vorstellung zu haben. Jetzt ahne ich, warum der Berliner Flughafen nie fertig wird und Stuttgart21 im Chaos endet. Es wird alles kaputt geregelt....;)
 
Irgendwie sehe ich das mittlerweile auch so wie @PMc. Dieses ganze ITIL-und Management-Zeugs usw. kommt mir in weiten Teilen so vor als ob das nur für Leute mit Anzügen, die Powerpoints, Flipcharts und immer mega coole Buzzwords parat haben, gemacht ist. Nur über etwas reden, aber ohne Bindung zur Praxis, wo es ja eigentlich Anwendung finden sollte. Leeres blabla, Prozesse blabla, changes blabla. Wir machen ja so ein Kram auch und als wir mal eine ITIL-Schulung (mit anschließender Prüfung) hatten und der Dozent immer so mega coole Beispiele brachte, habe ich ihn mal gefragt ob er jemals ein echtes IT Problem lösen musste. Die wenig überraschende Antwort: "Natürlich nicht. Muss ich ja auch nicht."

Richtig, das muss er auch gar nicht. Das ist genau das, worauf ich hinauswill: ITIL und vergleichbares ist ein reines Verwaltungswerkzeug, es hat mit Computern und ihrer Technik überhaupt nichts zu tun, sondern steht für sich selbst.

Wie kommt es also dazu?
Zuerst: Unternehmen sind heute von der IT abhängig. Wenn die IT ausfällt, kostet das Geld, und mitunter sehr viel Geld. Und dafür werden dann, wie weiter oben schon beschrieben wurde, die Manager und Vorstände verantwortlich gemacht.
Dann: diese Manager und Vorstände können nichts tun. Wenn die IT ausfällt, dann kann der Manager nur zu den IT Leuten gehen und fragen wann's denn wieder läuft. (Und ob er da eine sinnvolle Antwort kriegt, bzw. ob da jemand ist, der die Sache blickt, das ist ja auch noch die Frage.)

Das ist eine sehr unangenehme Situation, m.a.W., diese Leute haben schlicht Angst: da ist etwas, was sie nicht völlig verstehen, wo sie nichts tun können, und was sie auch nicht mal eben schnell lernen können.
Deswegen wird bevorzugt Software mit einer Lizenz gekauft, dewegen wird gern outgesourct: weil man dann jemand hat, der -jedenfalls theoretisch- die Verantwortung übernimmt, d.h. dann kann man etwas tun: man kann jemand verantwortlich machen.

Und die andere ganz typische psychische Reaktion auf Angst ist Kontrolle: aus der Überlegung, wenn man alles kontrolliert, wenn man jede einzelne Handlung vorschreibt und definiert, dann kann nichts unerwartetes passieren. Und dafür ist ITIL da. ITIL braucht keinen Bezug zu Computertechnik, es muss nur sicherstellen, dass jegliche Aktion verwaltet wird.

Das Resumee, das man daraus ziehen kann, ist: das ganze gehört eigentlich in den Bereich der Psychotherapie, bzw. der Angsttherapie. Es trägt nicht dazu bei, dass irgendein Produkt besser wird.
Aber da können wir nichts machen, denn wir haben in den Unternehmen nunmal einen Großteil Entscheider, die der IT nicht einfach auf treu&glauben vertrauen wollen, und die sich auch nicht von den IT-Leuten abhängig machen wollen. (Wollte ich vielleicht auch nicht, wäre ich in deren Situation.)
 
Und die andere ganz typische psychische Reaktion auf Angst ist Kontrolle: aus der Überlegung, wenn man alles kontrolliert, wenn man jede einzelne Handlung vorschreibt und definiert, dann kann nichts unerwartetes passieren. Und dafür ist ITIL da. ITIL braucht keinen Bezug zu Computertechnik, es muss nur sicherstellen, dass jegliche Aktion verwaltet wird.
Diese Art von Kontrolle ist und bleibt eine Illusion und ist völlig realitätsfern. Auch die erwartete Sicherheit und Stabilität ist eine Illusion, Risikomanagement eingeschlossen. Für Manager ein feines Spielzeug, hält den Rücken frei und delegiert Verantwortung auf ein statisches System. Glückwunsch. Es ist auf jeden Fall eines, ein Geschäftsmodell, von dem sehr viele partizipieren und profitieren. Das Leben läßt sich nicht in ein Korsett zwängen und kontrollieren und wünschenswert ist das auch nicht.

Ich weiß auch nicht, wie jetzt darauf komme, aber es erinnert mich gerade an den Hype von KI. Mein Chrome Browser hat auch nicht den Ansatz von KI, ich brauche nur ein w von www.xxx zu vergessen, dann ist er ratlos. Das ist keine künstliche Intelligenz, sondern natürliche Dummheit.
 
Diese Art von Kontrolle ist und bleibt eine Illusion und ist völlig realitätsfern.

Ja, das weisst Du und das weiss ich. Aber die psychische Reaktion, die auf Angst mit einem Ruf nach mehr Kontrolle reagiert, ist belegbar. Das mag irrational sein, und nicht zielführend und vielleicht sogar kontraproduktiv, aber so ticken Menschen halt.

Auch die erwartete Sicherheit und Stabilität ist eine Illusion, Risikomanagement eingeschlossen.

Nun, dass man sich mal Gedanken macht über mögliche Risiken und sie durchspielt, finde ich sehr wichtig. Leider wird das teilweise nicht getan, leider musste man mitunter auch Banken erstmal auf die Finger klopfen, damit sie über sowas wie Backup-Rechenzentren nachgedacht haben. Und Geschichten mit "wer kann die gelöschten Dateien auf der Platte wiederherstellen?" kriegt man ja auch in Foren wie diesem regelmäßig mit.
Also, was da zum Teil versucht wird zu regeln, hat schon einen Sinn. Nur hatte ich immer gedacht, dass diese Teile zur due diligence, gebotenen Sorgfalt, best practices, ordentlicher Ingenieurarbeit gehören und eigentlich selbstverständlich sind oder sein sollten. Dass sie durch einen aufgepfropften Bürokraten-Wasserkopf nicht wirklich besser werden, kommt noch dazu.
 
Würde man mich in so ein First Level Job reinpressen, wäre mir das Produkt auch egal.
First Level und Second Level sind aber meist die Jobs... durch die jeder auf dem weg zum 3rd Level durch muss.
Ich hab in einem Laden angefangen, der genau das wiederspiegelte... gut da musst der 1st Level nix verkaufen... sondern war nur zum aufnehmen von Tickets da... Ein mit der ich dort befreundet war, meinte mal zu mir... sie wolle so gerne lernen... es sei da aber garnicht vorgesehen. 1st Level musste die Kunden kennen und eine KnownProblems Database (meist noch in form eines Leitz Ordners) bedienen können... Konnte das Problem nicht in 3 Minuten mit dessen Hilfe gelöst werden, wurde ein Ticket für den 2nd Level aufgemacht. Man könnte also sagen es waren menschliche "Hallo IT" Maschinen
Jetzt wurde diese Art von Jobs im grossen und ganzen schon von automatisierten Systemen ersetzt... schon weil immer weniger Leute telefonieren wollen. Bei meiner letzten Erfahrung (mit dem Support von Pearson VUE (keine Ahnung warum immer mehr Firmen diese Scheisse für ihre Zertifizierungen nehmen)) auch kein Wunder.
Bei virtuellen Produkten (wie Verträge etc) halt ich es allgemein für schwierig da hinter zu stehen sogar wenn man überdurchschnittlich bezahlt wird... Die physischen Produkte die zur Verwendung dieser Produkte nötig sind, sind meist beliebig austauschbar für den Verkäufer. Ein Fall bei mir vor ein paar Monaten.... Kabelbox ausgefallen... 1st-Level hatte keine Ahnung trotz Fehlerbeschreibung ("es lässt sich auch die interne WebUI nicht aufrufen und hängt offenbar in einer BootSchleife) wollte mir die Dame einen Techniker ins Haus schicken... Na gut dachte ich... Konnte ja weiter über Homespot arbeiten. Ne Stunde später ruft ein Techniker an sagt, Kabelbox Kaputt ... schicke neue. Mit ein wenig Ahnung hätte das schon der 1st level erledigen können, aber die Kabelbox ist ja nicht das Produkt... das ist ja meine 100MBit Leitung
 
Nun, dass man sich mal Gedanken macht über mögliche Risiken und sie durchspielt, finde ich sehr wichtig.
Na klar, da bin ich ganz bei Dir. Nur finde ich das die falschen Schlußfolgerungen daraus gezogen werden. Alleine das ein Risiko als berechenbar und damit als beherrschbar eingestuft wird, finde ich brandgefährlich.

Die Banken sind wirklich ein exemplarisches Beispiel. Hat sich durch die Risikobewertung etwas grundlegendes geändert? NEIN!

Jedes Jahr kommen mehrere dutzende Ratgeber als Bücher neu auf den Markt. Ich halte es mit Emanuel Kant. Im Sinne der Aufklärung, ich zitiere:

Kant schrieb am 5. Dezember 1783:

AUFKLÄRUNG ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines andern zu bedienen. Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung.

Und weiterhin:

Faulheit und Feigheit sind die Ursachen, warum ein so großer Teil der Menschen, nachdem sie die Natur längst von fremder Leitung freigesprochen, dennoch gerne zeitlebens unmündig bleiben; und warum es anderen so leicht wird, sich zu deren Vormündern aufzuwerfen. Es ist so bequem, unmündig zu sein. Habe ich ein Buch, das für mich Verstand hat, einen Seelsorger, der für mich Gewissen hat, einen Arzt, der für mich die Diät beurteilt usw., so brauche ich mich ja nicht selbst zu bemühen.

..... Zu dieser Aufklärung aber wird nichts erfordert als Freiheit; und zwar die unschädlichste unter allem, was nur Freiheit heißen mag, nämlich die: von seiner Vernunft in allen Stücken öffentlichen Gebrauch zu machen.

Ich halte selber viel vom gesunden Menschenverstand und meiner Intuition. Weiter möchte ich das nicht vertiefen.
 
Dann hat man in meinem Shop erstmal angefangen, ein "Diversity" Projekt aufzusetzen, weil "Diversity" gaaanz wichtig für den Unternehmenserfolg ist. (Ich hab das nicht ganz verstanden, und ich weiß auch bis heute nicht, wie ich Transsexuelle softwareaseitig implementieren kann.)

Und schließlich hat man die Lösung gefunden und hat in einer Massenentlassung die verhaßten alten weißen Männer (die ja bekanntlich Berührungsängste mit der IT haben und Innovationen ablehnen) in ihre verdiente Altersarmut geschickt (ausgenommen Manager und Machtpositionen), und sucht stattdessen Agile-Leute.

Dazu gibt es viele Facetten, ohne Anspruch auf Vollständigkeit:
  • "Alte weiße Männer" bedeutet in erster Linie hochdotierte Altverträge, die man zur Optimierung von Kennzahlen (z.B. "Kosten pro Mitarbeiter") als Manager zwecks Optimierung der eigenen Bonuszahlungen rauskriegen möchte. Bis sich die Konsequenzen dieser Entscheidung zeigen, ist man als Manager schon längst weitergezogen.
  • Anderseits haben es sich ein Teil der Kollegen mit besagten Altverträgen sehr gemütlich eingerichtet und bremsen alle Neuerungen nach Kräften aus, bekommen aber das Gehalt von 2-3 engagierten Seniors oder 4-5 Juniors.
  • Trotz der bekannt hohen Falschbeschuldigungsrate muss man beim allgegenwärtigen Verdacht von sexueller Belästigung - je nach Land mit millionenschweren Klagen verbunden - jederzeit seine "due diligence" zeigen können, um sich als Manager nicht selbst angreifbar zu machen, wenn eine Klage oder ein Shitstorm vorbeigeflogen kommt.
  • Gender & Diversity ist inzwischen eine milliardenschwere Industrie mit vielen gut dotierten Posten. Ähnlich wie die Abmahmindustrie ist man immer auf der Suche nach leichten Opfern, die sich angreifbar machen, um die eigene Existenz zu rechtfertigen.
Eine etwaige Folgediskussion rund um reale und vermeintliche Diskrimierung machen wir aber idealerweise in einem eigenen Geplauder-Thread, sonst sprengen wir diesen hier. Zurück zum Thema.

Seitdem bin ich arbeitslos, und, da ich mit Skill gehandicapt bin, auch nicht vermittelbar.

Falls es nur an Alter und Kreativität liegt: mit Ü50 kriegt man in Deutschland zwar praktisch keine Festanstellung mehr, als IT-ler kann man sich aber mit seiner Erfahrung eine goldene Nase verdienen, gerade wenn man dank seiner Erfahrung etwas weiter denkt - siehe nächster Absatz.

Oder man schaut, ob man nicht einen anderen Job in einem kleineren, idealerweise inhabergeführten Unternehmen gibt, wo es einen Willen gibt gute Arbeit und nicht nur Investoren reicher zu machen.

Als interessierter IT-ler kann man auch gleich seine Dienste auf eigene Rechnung anbieten. Je schlechter Firmen ihre Mitarbeiter fortbilden und je mehr schiefläuft, desto größer ist der Bedarf an engagierten und qualifizierten Querdenkern, die dann für gut Geld engagiert werden. Hier man sein persönliches Interesse - davon gehe ich bei Forenteilnehmern hier a priori aus - in mehr persönlichen und finanziellen Gestaltungsspielraum umsetzen.

Das hat wie alles im Leben seine Vor- und Nachteile, für mein Dafürhalten überwiegen die Vorteile aber enorm. Zumal mit dem Alter die Stunden- und Tagessätze erheblich steigen und einem beim Wechsel im Zweifelsfalle geholfen werden kann.

Na klar, da bin ich ganz bei Dir. Nur finde ich das die falschen Schlußfolgerungen daraus gezogen werden. Alleine das ein Risiko als berechenbar und damit als beherrschbar eingestuft wird, finde ich brandgefährlich.

Gegen die unbekannten Unbekannten ist man nie gefeilt, aber man sollte schon zumindest die bekannten Risiken einordnen und angehen. Sonst landet ein nicht funktionierendes Backup in der selben Kategorie wie ein knarzender Bürostuhl.
 
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