Doch, natürlich.
Ein Betriebssystem ist ein Werkzeug. Mit einem Hammer haut man Nägel in die Wand, mit einem Betriebssystem benutzt man seine Programme. Der Hammer muss schwer und stabil genug sein, sein Innenleben ist da erst mal zweitrangig. Und so ist das mit Betriebssystemen halt auch.
Nein. Das ist zwar vollkommen unwichtig in unserem Zusammenhang, aber es gibt eine ganze Reihe unterschiedliche Hämmer, die für unterschiedliche Aufgaben unterschiedlich geeignet sind. Ein Uhrmacher benutzt zum Beispiel einen sehr kleinen Hammer, um feinmechanische Justagen durchzuführen. Ein Graveur braucht einen Hammer, der weich ist und deshalb manchmal aus Holz gefertigt. Auf der anderen Seite gibt es sehr große und schwere Geräte, die garantiert nicht zum Einschlagen von Nägeln taugen. Alleine eine derart vergleichbare Wahl, was man überhaupt aus seinem System bauen möchte, erkenne ich nur bei OpenSource-Systemen. Nicht alle Betriebssysteme sollen einen Desktop haben und brauchen grafische Tools.
Doch das entfernt ja nun von meinem Argument.
Um das zu verdeutlichen, stellen wir uns mal vor, dass du drei bis fünf unterschiedliche Hämmer in einem Laden zur Auswahl hast. Sie alle sind für den gleichen Zweck gemacht und unterscheiden sich nur gering durch Aufdruck und Farbgebung. Sie sind alle gleich schwer und taugen augenscheinlich alle gleich gut, um Nägel in die Wand zu schlagen.
Im Detail kann vielleicht bei einem eine andere Härtemethode oder andere Temperaturkurve angegeben werden. Ein anderer erhitzt sich vielleicht beim Gebrauch deutlich weniger und ein weiterer ist aus einem Material, das weniger zum Splittern neigt. Doch diese Angaben sind alle tief in Datenblättern versteckt, die einem Laien nicht leicht zugänglich und noch weniger verständlich sind.
Was du erfährst ist aber dies:
Hammer 1 ist vom größten Hammerhersteller der Welt, einem Amerikanischen Aktienunternehmen in der Home-version für 50€ zu haben, in der Pro version für 150€ und verwendet tausend geschützte Patente.
Hammer 2 kommt von einem Asiatischen Hersteller, der in einem Hinterhof günstig produziert, an offenen Feuern die Härtung durchführt und dabei schonungslos Kinder ausbeutet, für 30€.
Hammer 3 kommt aus einem soliden, mittelständischen Deutschen Familienunternehmen das seit Jahrhunderten besteht und Hämmer herstellt. Ohne Zertifikat und nicht an der Börse vertreten, mit einem kleinen Stamm hochmotivierter und gut ausgebildeter Mitarbeiter und für 60€ zu haben.
Hammer 4 kommt aus einer Werkstätte für Behinderte, ist mit Steuergeldern subventioniert und kostet 30€.
Hammer 5 ist ein OpenSource Projekt, die Herstellung ist kein Geheimnis, er wird in einem lokalen Shop fabriziert wo der gesamte Prozess einsehbar und gut dokumentiert wird und wo freiwillige in ihrer Freizeit daran arbeiten, Hämmer zu bauen, weil ihnen das gefällt. Wünsche von Außenstehenden werden diskutiert und manchmal berücksichtigt, so daß gelegentlich merkwürdig anmutendes Design herauskommt. Die Produkte haben keinerlei Garantie, sie sind nicht immer gut gelungen, aber sie sind vollkommen tauglich zum Einhauen von Nägeln in die Wand und haben das schon tausendfach unter Beweis gestellt. Sie werden zum Selbstkostenpreis von 5€ angeboten.
Lassen wir Logik und Preis mal weg, dann bleiben in dieser Situation nur persönliche Vorlieben, die eine Entscheidung begründen.
Natürlich gibt es einige Profis, die die Datenblätter lesen können und deshalb eine Entscheidung treffen. Sie fühlen sich dann vielleicht auch besser, wenn sie mit dem technisch korrekten Verständnis den besten Hammer ausgesucht haben. Nur, es gibt da auch sehr oft Experten-Streit, so daß letztlich sehr gut möglich ist, dass die so begründete Entscheidung daneben liegt oder doch von einem anderen Experten anders getroffen würde.
Egal, jeder Hammer aus dem Angebot taugt schließlich für die Aufgabe. Das war meine Ausgangsvermutung. Die Unterschiede auf Grund unterschiedlicher Technologien sind für den Endanwender marginal oder nicht zu erkennen. Vielleicht würde ich spontan einen Hammer wählen, der pink ist, weil mir das gut gefallen würde. Vielleicht würde ich protzen wollen und das teuerste Modell wählen oder das des renomierten Mittelständers, weil das suggeriert, dass ich ein besonders versierter Nagelschläger bin. Garantiert würde ich nicht den Hammer kaufen, der mit Kinderarbeit entstanden ist! Auch dann nicht, wenn es der billigste im Angebot wäre. Und sehr wahrscheinlich würde ich den OpenSource-Hammer wollen, weil das mir als gute Idee erscheint.
Natürlich weiß ich nicht, wie du deine Entscheidung treffen würdest. Es gibt ja Leute, denen alles andere egal ist und die immer nur das Billigste kaufen (was dann ja auch OpenSource sein müsste, merkwürdig!). Es gibt Leute, denen ganz egal ist ob bei der Herstellung eines Produktes Regenwald vernichtet wird oder Ureinwohner vertrieben werden. Es gibt aber Leute, denen so etwas wichtig ist und mein Argument ist gewesen, dass ohne Ausschluss dieser Denkweise natürlich auch ethische Gründe für die Wahl eines Betriebssystems in Frage kommen. Mir sind die wichtig und du hast darauf geantwortet, dass du das schlicht doof findest.
Dagegen will ich nichts sagen, du gehörst offenbar der anderen Kategorie an und das ist ausschließlich deine Sache.
Für mich ist mein Verhalten aber angebracht und keinesfalls doof und ich hoffe, dass ich das so begründen konnte, dass man mich versteht.
Ich versuche das nochmal. Gerade weil jedes Betriebssystem mit dem ich es bisher versuchte alles konnte, was ich damit anstellen wollte, kann ich Frei wählen und da ist es mir eben umso wichtiger, dass ich etwas aussuche, womit ich außerhalb von technischen Fragen am ehesten einverstanden bin. Solaris und Windows gehören nicht dazu.