Also bei ArchLinux war es ein sehr starker Wunsch der Nutzerschaft. Man hat schlicht das umgesetzt, was die meisten Nutzer wollten und ich sehe auch in den entsprechenden Arch-Communities keine großen Jammereien deswegen. Als auf systemd umgestellt wurde, wurde das eher mit offenen Armen empfangen.
Wirklich? Ich erinnere mich da an relativ lange Threads, Leute die sich beschweren, dass KISS nicht ernst genommen wird, dass die zentrale Konfiguration nicht wegfällt, etc. Wurde nicht sogar LSD Linux (Less SystemdD) von ehemaligen Arch-Leuten begonnen. Das Einzige was bei Arch dann noch war ist, dass Leute relativ einfach Pakete machen konnten mit alternativen Systemen. Allem voran OpenRC, aber auch andere Systeme (SysV, runit, etc.). Gibt alles mögliche an Init-Systemen bei den Usern. Ich kann garnicht zählen wie oft ich von Leuten höre, dass sie von Arch auf OpenBSD oder FreeBSD gewechselt sind.
Das liegt aber auch schlicht an der Nutzerschaft. Arch-Nutzer wollen Bleeding Edge haben. Der Aufschrei bei Debian war da dann doch eher größer, da hier die Nutzerschaft Änderungen scheut und am liebsten gar nichts ändern wollen würde.
Ganz zu schweigen von Forks und dass Leute in führenden Rollen das Projekt deshalb verlassen haben..
Und ich nutze (zumindest auf einem Rechner) ArchLinux auch wunderbar ohne Pulseaudio, als das ist da eher ein schlechtes Beispiel. Pulseaudio ist optional. Und selbst für Ranz-Software wie Skype gibt es Shims.
Auch ohne sysetmd funktioniert Arch Linux. Trotzdem hat es mich ein bisschen gewundert.
Und "schnell" würde ich den Prozess nicht nennen. systemd kam 2010 raus. Erst 2 Jahre danach stieg ArchLinux darauf um. Debian hat es vor kurzem erst getan. Ubuntu ebenso. 6 Jahre sind in der IT verdammt lange.
Nein, sind sie in diversen Bereichen nicht. Schau dir mal Dinge an, wie Unicode, IPv6, neue Programmiersprachen, wie Leute immer noch FTP verwenden, neu aufsetzen, etc. Systemd war damals noch komplett anders. Kaum eine Zeile war nach den zwei Jahren gleich. Kompatibilitäten wurden gebrochen, was lustigerweise immer noch bestritten wird, etc. Man setzt auch bei nicht PID-0 kaum auf Sachen, die erst wenige Jahre alt sind. Der Unterschied zwischen ein paar Jahre kurz oder lang sind hängt damit zusammen, ob es um komplett neue Dinge geht oder ob es sich um inkrementelle Verbesserungen hält. Im den ersten zwei, drei Jahren hat Lennart Poettering fast ständig seine Meinung über alles geändert und das genaue Gegenteil vom Vortag gesagt (z.B. schneller Boot als Hauptgrund, dann ging das kaputt "Performance war nie ein Thema", Performance wird wieder besser "Das ist so geplant gewesen und ein Seiteneffekt, wie gut das alles ist" und die Haltung zu Themen wie Timeouts ist glaube ich noch immer nicht konsistent). Stabil sind eigentlich nur die Sachen geworden für die sich einzelne Maintainer gefunden haben, die dann sehr defensiv waren, was neue Features in den Teilsystemen angeht.
Teilweise sind ja nicht mal horrende Security-Probleme ein Grund zur Migration, siehe die Verbreitung von Sendmail.
Und ja sechs Jahre sind für alle außer für Debian lang. Aber das ist das andere Extrem. Gab auch Jahre dazwischen wo Leute zu Debian umgesattelt sind, weil sie kein systemd wollten. War dann nicht von langer Dauer.
Wie gesagt, geht weniger darum ob systemd nun gut oder schlecht ist sondern um den Entscheidungsprozess. Arch Linux hat schon verhältnismäßig "krasse" Entscheidungen getroffen wg. Simplicity und das war vor allem Anfangs ein großer Grund gegen Systemd, auch weil sie Software schlicht und ergreifend noch nicht so modular war, wie sie jetzt ist. Das gestehe ich auch ein. Systemd hat sich enorm verbessert in den letzten Jahren und da ist auch sicherlich ein großer Mitgrund, dass einfach so viele Menschen damit zu tun haben. Trotzdem in den ersten Jahren war systemd noch einfach ein junges Projekt, mit fast täglich änderenden Zielen, Interfaces, etc. Da hatten Fedora und Arch Linux auch den großen Vorteil, dass sie relativ schnell nachschießen konnten bei Problemen.
Aber auch darum geht's ja jetzt nicht unbedingt. Ich sag ja nicht, dass man Software nichts verbessern könne. Es braucht ja lediglich einen Editor dafür. Auch sage ich nicht, dass das gegen den Willen aller ging, sondern, dass es nicht wirklich eine Diskussion gab. Ich kann mich noch gut an die Anfangszeiten erinnern und da war nunmal im Endeffekt ein Grund, dass es damals so viel schneller bootete, dass einfach nur noch die Hälfte gestartet wurde. Dann wurde es erstmal langsamer, bis es wieder schneller war. Ich kann mich auch noch daran erinnern, dass die Unitfiles einfach diverse Dinge nicht konnten, die benötigt wurden. Da hat man dann das Unitfile quasi ein Shell-Script, das dem RC/Init-Script entspricht starten lassen.
Solche Dinge will man vermeiden, deshalb ist es häufig so, dass Software X entsteht, Leute langsam gefallen finden, es erste Leute auf Grund der Vorteile davon in Production bringen, dann viele Bugs gefixed werden, die Entwicklung von neuen Features zurückgeht, parallel dazu Leute meinen "hey, es wäre cool auf die Software, die Bibliothek zu switchen", dann gibt es mal das Go dazu, Bugs werden gefixed, das System rund herum wird wenn nötig angepast, dann geht sich's mitunter erst im nächsten Release aus (in drei oder sechs Monaten), während der Zeit wird halt intensiv getestet, etc. Da geht schon Zeit drauf. Bei systemd hat sich ziemlich viel ändern müssen. Immerhin mussten alle Daemons ein Unit-File bekommen, die Abhängigkeiten haben sich geändert, Leute haben doch einige Dinge neu lernen müssen etc. Systemd, also das ganze Toolset und die ganzen Dinge, die es auch ersetzt oder neu macht sind Dinge, die man erst mal erproben will, bevor man sie produktiv einsetzt. Dass das alles ein paar Jahre dauert halte ich jetzt für normal in der IT. Bin eher jemand, dem sonst Dinge zu lange dauern. Und die tatsächliche Integration in ein System steht erst am Ende von all dem.
Vielleicht habe ich auch was nicht mitbekommen, aber mir erschien es so, als würde vieles entschieden worden bevor es eine Diskussion gab und das ist eben bei Community-Projekten und bei Open Source Projekten, die ja kommerziell, aber jetzt nicht mit typischen Verträgen, etc. verwendet werden eher etwas was man nicht will. Dass sich Communities zerstreiten ist nicht wirklich gut und auch wenn ich es cool finde, dass Leute sich jetzt BSDs ansehen ist es jetzt auch nicht das Beste, wenn der Grund dafür einfach nur ist, dass sie systemd nicht wollen. Ich glaube auch echt nicht, dass es gut für die BSDs ist, wenn das große Feature, das Leute zum Umsteigen bewegt die Abwesenheit von systemd ist.
Ich gebe ja zu, ich sehe systemd weniger kritisch als anfangs. Man hat aus diversen Problemen gelernt (und nein, mit kann niemand sagen, dass das alles so geplant war, weil Poettering und Andere selbst das genaue Gegenteil behauptet haben und teilweise schlicht und nachweisbar über Dinge gelogen haben - oder extrem vergesslich sind). Blöd nur, dass das einfach daraus resultiert ist, dass sich viele damit abgefunden haben und Bugs fixen, Workarounds und Hacks einbauen. Mit den "What the Fucks" die da entstehen lassen sich ja ganze Blogs füllen. Trotzdem gab es viel böses Blut, Forks, etc. und eine (meines erachtens) suboptimale Lösung. Ich denke das wäre durchaus vermeidbar gewesen, wenn der Rush und Hype am Anfang nicht solche extremen Ausmaße gehabt hätte. Wird ja wohl niemand beschreiten, dass die Diskussion bei Befürworten und Gegnern von systemd sehr schnell sehr unsachlich geworden ist. Ich denke halt, dass man das in Zukunft wenn möglich vermeiden sollte und keine Grabenkämpfe betreiben.
Das ist halt auch irgendwo das Nette an der Open Source Community, dass Dinge meist nicht ganz so politisiert sind. Ja, auch da gibt es Ausnahmen, aber das sind so die bekannten Dinge und werden auch nicht sonderlich ernst genommen. Niemand würde aus solchen Gründen aus dem Technical Commitee aussteigen und es gibt keine Forks mit Massenabwanderung bis hin zu Gewaltandrohungen, etc.
Vielleicht habe ich es wirklich nur bisher nicht mitbekommen, aber all diese Dinge sind für mich ziemlich neu in der Community.
Jaja, bin mal wieder der besorgte Bürger.
EDIT: Ich glaube dass aber war das angesprochene Thema IPC betrifft genau das, was bei systemd gefehlt hat vielleicht ja doch eine Chance hat. Vielleicht hat systemd Leute ja sogar dazu gebracht sich aktiver einzubringen und zu Alternativen wirklich auch proof of concept und mehr zu haben. Bei systemd waren ja all diese "es geht auch anders" Themen ein wenig spät.