Friedenspreis des deutschen Buchhandels für Jaron Lanier

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ralli

Guest
Heute erhält Jaron Lanier im Rahmen der Frankfurter Buchmesse den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Der Informatiker, Schriftsteller und Musiker gilt als Vater der virtuellen Realität und hat sich in den letzten Jahren als Kritiker der großen Internet-Konzerne einen Namen gemacht.

Fand ich gut, wen es interessiert:

http://www.tagesschau.de/kultur/lanier-friedenspreis-101.html
 
Das er als Vater der virtuellen Realität giltet, bezweifle ich mal bescheiden.
Und kritisiert hat vor ihm auch schon einer, z.B. Theodore John Kaczynski.
 
Ich werde mir die Preisverleihung, die heute morgen von der ARD live um 10:40 übertragen wird, anschauen. Dieser Preis ist jedenfalls kein Gaga Preis, sondern ein Renommierter. Unter den Preisträgern finden sich schon verdiente Schriftsteller, wie die weltbekannte Kinderautorin Astrid Lindgren, die diesen Preis 1978 verliehen bekam. Ihr damaliges Credo "Niemals Gewalt".
 
Unter den Preisträgern sind unter Anderen:

Albert Schweitzer (1951)

Martin Buber (1953)

Hermann Hesse (1955)

Karl Jaspers (1958)

Carl Friedrich von Weizsäcker (1963)

Ernst Bloch (1967)

Alexander Mitscherlich (1969)

Marion Gräfin von Dönhoff (1971)

Club of Rome (1973)

Astrid Lindgren (1978)

Jürgen Habermas (2001)

und und und ....

Auch die Laudatoren lesen sich wie das Who is Who.

Ein bißchen Kultur hat ja noch Niemanden geschadet.;)
 
Ich werde mir die Preisverleihung, die heute morgen von der ARD live um 10:40 übertragen wird, anschauen. Dieser Preis ist jedenfalls kein Gaga Preis, sondern ein Renommierter.

Davon darf man sich nicht blenden lassen. Auch der Friedensnobelpreis wurde schon an Personen wie Henry Kissinger oder Barack Obama vergeben, bei denen man sich gefragt hat: wofür zum Teufel haben die den Preis bekommen?

Machen wir uns nichts vor, der deutschen Buchhandel hat eine sehr spezielle Motivation für die Preisverleihung an Jaron Lanier, einen ausgesprochenen Gegner von Open Source:
 
In der Tat eine beeindruckende Liste von Preisträgern: Jaspers, Bloch, Habermas ... und jetzt Lanier. :(

Hierzu ein wenig mehr:
https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/unsere-gefuehlte-freiheit
Danke rubricanis, ein guter Artkel, der lesenswert ist. Nein ich bin nicht blauäugig und sehe diese Preisverleihung an Lanier ebenfalls sehr kritisch. Das hat mich nicht davon abgehalten, mir das anzuschauen. Die Motivlage hat sich mir in diesem Jahr auch nicht wirklich erschlossen. Das die dem Zeitgeist geschuldet, eine wesentlich andere ist, als in den Anfängen und ersten Jahren, ist mir auch klar. Schon der Sponsor (ich glaube der deutsche Börsenverein) läßt auch auf ökonomische Interessen und Ziele schließen. Dabei habe ich die Gesichter des Publikums beobachtet und denke, das Lanier's Vortrag schon sehr polarisiert hat. Ich halte ALLE Extreme für schädlich, dazu zählt die totale Ökonomisierung genau so, als die alles kostenlos Mentalität, die ich auch für fragwürdig halte. Nun, er hat auch so oder so nicht viel Neues gesagt, was erwähnenswert wäre oder ich nicht schon wußte. Aber wir dürfen nicht vergessen, das er ja auch als Utopist gehandelt wird. Seine persönliche Wahrnehmung greift deshalb zu kurz und läßt auch einen Realitätsverlust zu erkennen.
 
Hm, naja.

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Ich finde vor allem dieses Argument "Die Digitalisierung zerstört Arbeitsplätze!" äußerst dumm und noch unter Stammtischniveau. Seit jeher hat der Mensch technischen Fortschritt nicht zuletzt betrieben, um sich das Leben zu vereinfachen, um neben dem Überleben mehr Zeit für sich zu haben. So hat man schon vor knapp 5.000 Jahren den Flaschenzug erfunden, womit man nur noch einen statt zehn Sklaven brauchte um einen Stein auf die Pyramide zu heben... Hätten die alten Ägypter auf die Angst-Fraktion gehört, würden wir wahrscheinlich noch heute am Nil leben. Ähnliche Beispiele gibt es unzählige. Aber all diese Beispiele zeigen eben auch, dass die vermeidlichen Probleme niemals aus dem technischen Fortschritt resultieren, stattdessen auf anderer Ebene entspringen.
Die Frage sollte also nicht sein, wie wir die Digitalisierung aufhalten. Sie auch nur zu stellen ist schon Verschwendung von Zeit und Ressourcen, denn wie jede große technologische Umwälzung wird sie sich am Ende durchsetzen. Egal ob "man" es will oder nicht. Die Frage ist auch nicht, ob uns der Taxifahrer Leid tun sollte, da sein Job entweder heute durch Uber oder in 20 Jahren durch das selbstfahrende Auto substituiert werden wird. Ich würde sogar soweit gehen und sagen, dass ich als Informatiker keine Skrupel haben sollte, die Technik zu schaffen, die den Arbeitsplatz vernichtet.
Denn uns allen ist seit mindestens 30 Jahren klar, dass unsere Umwelt sich grundlegend ändert. Wir sehen einerseits eine drastische Steigerung der Produktivität, andererseits eine durch Automation bedingte zunehmend verringerte Nachfrage nach Arbeitsplätzen. Beides beeinflusst sich zudem noch Gegenseitig, verstärkt sich. Bisher war die Antwort von Gesellschaft und Politik darauf, dass all diejenigen welchen diese veränderte Umwelt kein Auskommen mehr sichert faul und dumm sind. Man kürzt ihnen die Sozialleistungen, welche sich der Rest der Gesellschaft allerdings auch nicht mehr leisten konnte. Man verlangt stumpf mehr Wachstum, wo die Grenzen des Wachstums bereits längst überschritten sind. Man versucht ein bereits sinkendes Schiff panisch über Wasser zu halten.
Wesentlich sinnvoller wäre es hingegen die Systemfrage zu stellen. Wäre es nicht besser die Digitalisierung als Chance zu nutzen um den alten Traum eines weitgehend selbstbestimmten Leben zu verwirklichen, anstatt sie zu verteufeln? Schon heute könnte man sicherlich 80% der täglichen Routineaufgaben automatisieren, in 20 Jahren wahrscheinlich noch einmal deutlich mehr. Man könnte aus extrinsischen Motiven heraus arbeiten, machen was einem Spaß macht, die Menschheit als ganzes voranbringen. Nur müsste man dafür eben unser monetär fixiertes System über den Haufen werden, praktisch die ganze Gesellschaft von der Pike auf neu denken. Und genau vor diesem Prozess haben all diejenigen, die "Die Digitalisierung zerstört Arbeitsplätze!" rufen Angst. Dabei sind genau sie es, die den Prozess steuern und in Bahnen lenken könnten.
 
Ich halte Preisverleihungen per se für fragwürdig. Meist werden sie von Institutionen oder ganzen Branchen ausgelobt und ins Leben gerufen, um sich selbst zu feiern und zu inszenieren. Auch die Qualität der Preisverleihungen noch einigermaßen anerkannter Auszeichnungen wie der Nobelpreis hat stark nachgelassen. Aber diese Entwertung ist auch nur ein Spiegel des aktuellen Mainstreams und des herrschenden Zeitgeistes. Daran erkenne ich einen Zerfall unserer Kultur. Hedonistisch hat der Mensch schon immer gelebt und überwiegend, wenn er die Möglichkeit dazu hatte, Unlust zuvermeiden, das auch getan. Das Ergebnis ist unsere augenblickliche Spaßgesellschaft. Dabei wird unser Bedürfnis, nach Lust zu streben instrumentialisiert durch ein geschicktes Ablenkungsmanagement durch die Unterhaltungsbranche. Das ist Kapitalismus pur.
Wer technikfeindlich eingestellt ist, der kommt zu spät oder überhaupt nicht an in der neuen digitalen Welt, die natürlich Risiken, aber auch Chancen beinhaltet. Und wer sich dem entzieht, der isoliert sich und den bestraft über kurz und lang das Leben. Was ich bedenklich finde, ist die Konzentration, die im Onlinehandel längst vollzogen ist und damit die Monopolisierung und marktbeherrschende Stellung, die im Grunde genommen auch eine Wettbewerbsverzerrung ist. Dadurch wurde der Zwischenhandel komplett ausgeschaltet. Dennoch sind die neuen Geschäftsmodelle sehr erfolgreich. Nehmen wir ein konkretes Beispiel. Ich benötige ein Buch, fahre in die 15 km entfernte Stadt, suche einen Parkplatz und laufe dann noch einige Minuten, bis ich bei meinem angestammten Buchhändler bin. Der hat mittlerweile zu 90 % mein gewünschtes Buch nicht da und muß es bestellen. Das darf ich dann 1 bis 2 Tage später abholen. Jetzt haste ich zur Parkuhr zurück und finde oft bereits ein Knöllchen vor. Und das gleiche spielt sich dann ein paar Tage für die Abholung erneut ab. Früher nahm ich das in Kauf, weil es eben keine andere Möglichkeit gab. Heute bestelle ich es im Netz und habe es in aller Regel 48 Stunden später hier zu Hause. Was vorteilhafter oder bequemer ist, darf jeder für sich selbst entscheiden.
Es ist gewiss so, das durch die digitale Revolution auch Arbeitsplätze gefährdet sind oder bereits den neuen Geschäftsmodellen zum Opfer fielen. Aber in der anderen Waagschale wurden auch tausende neue Arbeitsplätze geschaffen. Das in diesem Übergangsstadium diese Vorgänge auch Menschen verunsichert oder überfordert, ist ein ganz klarer Fall. Aber die Entwicklung ist nicht aufzuhalten, wer sich frühzeitig darauf einstellt, wird keine Probleme damit haben. Zur Technik selbst habe ich ein manchmal ambivalentes Gefühl. Es sollte (auch aus ethischen Gründen) nicht alles gemacht werden, auch wenn es technisch machbar ist. Ansonsten hat mir Dein Beitrag Yamagi gut gefallen.:) Danke dafür.

Mitarbeiter einiger willkürlich gewählter Firmen unserer digitalen Welt:

Google: ca. 50 000

Amazon: ca. 90 000

Microsoft : ca. 100 000

Apple: ca. 80 000

Facebook : ca. 6300

Oracle: ca 122 000

SAP: ca. 65 000

Das waren nur einige Beispiele von neuen Arbeitsplätzen, die in den letzten Jahren durch die digitale Revolution geschaffen wurden. Die Zahlen stammen zum Teil aus Wikipedia und dürften annähernd aktuell sein.
 
Ich finde vor allem dieses Argument "Die Digitalisierung zerstört Arbeitsplätze!" äußerst dumm und noch unter Stammtischniveau. Seit jeher hat der Mensch technischen Fortschritt nicht zuletzt betrieben, um sich das Leben zu vereinfachen, um neben dem Überleben mehr Zeit für sich zu haben. So hat man schon vor knapp 5.000 Jahren den Flaschenzug erfunden, womit man nur noch einen statt zehn Sklaven brauchte um einen Stein auf die Pyramide zu heben... Hätten die alten Ägypter auf die Angst-Fraktion gehört, würden wir wahrscheinlich noch heute am Nil leben.

Na ja, ganz so dumm ist diese - gewiss fragwürdige - Aussage dann doch nicht. Immerhin bodigte die Digitalisierung ganze Branchen. Viele einstige Techniken sind verschwunden, sind bestenfalls noch Nischen; viele Berufe wurden obsolet, damit auch einhergehend, KnowHow welches in Vergessenheit gerät.
Sie veränderte aber auch Strukturen. Sie hat auch grossen Einfluss auf's Verhalten der Menschen.
Die Digitalisierung ist eben nicht nur ein "Fortschritt des Bisherigen" - mit einer solchen Sichtweise würde man die Entwicklung nur verharmlosen.

Auch stimmt dein historischer Vergleich nicht ganz. Denn die technische Entwicklung fand über längere Zeiträume selten linear statt. Dies tut sie streng genommen erst seit der Industrialisierung.

Denn uns allen ist seit mindestens 30 Jahren klar, dass unsere Umwelt sich grundlegend ändert. Wir sehen einerseits eine drastische Steigerung der Produktivität, andererseits eine durch Automation bedingte zunehmend verringerte Nachfrage nach Arbeitsplätzen.
Nun, diese drastische Veränderungen sind ja erstaunlicherweise gar nicht mal so lange her. Zudem kam der Einbruch in manchen Branchen verhältnismässig abrupt.
Man denke da nur schon an die Print-Auflagen von Zeitungen & Magazinen welche Ende der 90er gar noch ihren Höchststand erreichten, um dann ca 5 Jahre später massiv einzubrechen. Ähnlich geschehen in der Fotografie wo im Grosslaborbereich Ende der 90er Jahre noch im grossen Stil investiert werden musste aufgrund der rekordmässigen Nachfrage - um eben auch ca 5 jahre danach und noch massiver einzubrechen.

Wäre es nicht besser die Digitalisierung als Chance zu nutzen um den alten Traum eines weitgehend selbstbestimmten Leben zu verwirklichen, anstatt sie zu verteufeln? Schon heute könnte man sicherlich 80% der täglichen Routineaufgaben automatisieren, in 20 Jahren wahrscheinlich noch einmal deutlich mehr. Man könnte aus extrinsischen Motiven heraus arbeiten, machen was einem Spaß macht, die Menschheit als ganzes voranbringen. Nur müsste man dafür eben unser monetär fixiertes System über den Haufen werden, praktisch die ganze Gesellschaft von der Pike auf neu denken. Und genau vor diesem Prozess haben all diejenigen, die "Die Digitalisierung zerstört Arbeitsplätze!" rufen Angst. Dabei sind genau sie es, die den Prozess steuern und in Bahnen lenken könnten.

Nein, das wird nicht funktionieren - und wenn, nicht ohne Zweiklassengesellschaft.

Ich wüsste auch nicht, was die Digitalisierung mehr zu "selbstbestimmterem Leben" beitragen könnte. Wenn, dann ist "Komfort" gemeint.
Die Digitalisierung hat aber auch vieles verkompliziert.

Aber der entscheidende Punkt der mich nach wie vor zum Kritiker der Digitalisierung macht ist : Durch sie fehlt es uns zusehends an technischer Nachvollziehbarkeit.
Ob eine Aufgabe, ein Prozess gelang - oder eben nicht - ist erst am seinem Ende ersichtlich. Der eigentliche Prozess bleibt verorgen. Man braucht schon Fachmann zu sein um die Hintergründe zu verstehen.
Die technische Komplezität wird auch zu stärkerem Trend zur Monopolisierung führen.

Zu Lanier :
Ich habe im TagesAnzeiger von & über ihn gelesen.
Auffällig fand ich dabei, dass es ihm prioritär eigentlich um SocialMedia geht, er "die Digitalisierung" beinahe mit SocialMedia gleichsetzt.
Das Problem ist ja nicht das Internet oder die Digitalisierung an sich. Sondern wie es genutzt wird und was dadurch ersetzt werden sollte. Denn das - so meine Ansicht - ist die Ursache für das Ausmass und für manche Folgen. Sein Vorschlag das Internet quasi exklusiv zu machen, stände gegen das eigetliche Prinzip des Internets selber.
 
Digitalisierung, Fluch oder Segen, Risiko oder Chance? Ich fand es gut, das Yamagi in den Dialog eingetreten ist, auch wenn ich nicht gänzlich seiner Meinung bin. Wenn wir nur in Extremen denken, kommen wir eh nicht weiter, weil die Wahrheit wohl eher in der Mitte anzusiedeln ist. Wir dürfen auch die sozialen Verwerfungen, die die Digitalisierung mit sich bringt, nicht vergessen. Jeder wird mal älter. Und ältere Menschen vereinsamen, wenn Sie keine normalen Kontakte in der Lebenswirklichkeit mehr haben dürfen, weil sich alles nur noch in virtuellen Welten stattfindet. Das fängt bei ganz einfachen Dingen an. Wenn ich mein Geld nur noch am Geldautomat bekomme, dann findet einfach kein zwischenmenschlicher Kontakt mehr statt. Diese zwischenmenschlichen Kontakte sind aber Teil der Lebensqualität. Es gäbe sicher noch viele andere Beispiele. Es kommt darauf an, wie wir die neue digitale Welt sinnvoll nutzen. Sie zu verteufeln ist kontraproduktiv, besser ist es, sie kritisch zu begleiten. Ich kann die Digitalsierung auch wertfrei betrachten, denn sie ist per se nicht böse, sondern wie schon geschrieben wurde kommt es darauf an, was wir daraus machen.
 
Wenn ich mein Geld nur noch am Geldautomat bekomme, dann findet einfach kein zwischenmenschlicher Kontakt mehr statt. Diese zwischenmenschlichen Kontakte sind aber Teil der Lebensqualität. Es gäbe sicher noch viele andere Beispiele.

Das finde ich persönlich ja ein ganz schlechtes Beispiel. Geld abheben ist etwas, wo ich absolut keinen menschlichen Kontakt brauche, das zieht alles nur in die Länge…
Außerdem hasse ich nichts mehr, als beim Einkaufen o.ä. von völlig Fremden angequatscht zu werden, ich finde das unglaublich anstrengend.
Aber vielleicht bin ich auch nur „schon kaputt“ :) oder ich habe noch zu viele soziale Kontakte, um das noch nicht schätzen zu können.

Aber da würde ich ganz klar unterscheiden zwischen Tätigkeiten, die ich ergebnisorientiert durchführe, wie Einkaufen und Geld abheben.
Das mache ich aus purer Notwendigkeit, da brauch ich niemanden zum quatschen, ich will das möglichst schnell über die Bühne bringen.
Anders aber „erlebnisorientierte“ Tätigkeiten, die man eben nicht tut, weil man halt muss, sondern weil man will. Da könnte ich es mir schon eher vorstellen.

Aber das geht glaube ich auch in die Richtung, in die Yamagi schon wollte: Wenn die Gesellschaft Digitalisierung und Automatisierung als Chance begreifen würde,
und sich dahingehend ändern würde, dass es eben keine Zweiklassengesellschaft gibt, in der manche Arbeiten und manche nicht,
sondern „Arbeit“ ein Hobby ist wie jedes andere auch (z.B. an FreeBSD programmieren),
dann könnte man eben die notwendigen, „ergebnisorientierten“ Tätigkeiten automatisieren und dort die menschliche Interaktion herausfaktorieren,
und die „frei gewordenen (zeitlichen) Ressourcen“ könnten dann „gewinnbringend“ für die Gesellschaft an anderer Stelle zum Einsatz kommen.

Aber das ist eine reine Utopie, da so eine Situation das Weltbild unserer erzkonservativen Overlords sprengt,
in welchem sich der Mensch über Arbeit definiert.
Außerdem lassen Solidarität und Freundlichkeit unter den Menschen immer mehr nach,
so dass *leider* das Einkaufen und Geld abheben für ältere Menschen notwendig ist,
um ihre sozialen Bedürfnisse zu befriedigen.

tl;dr: Digitalisierung ist scheiße, wenn die Gesellschaft sich nicht ändert.
 
Wir dürfen auch die sozialen Verwerfungen, die die Digitalisierung mit sich bringt, nicht vergessen. Jeder wird mal älter. Und ältere Menschen vereinsamen, wenn Sie keine normalen Kontakte in der Lebenswirklichkeit mehr haben dürfen, weil sich alles nur noch in virtuellen Welten stattfindet. Das fängt bei ganz einfachen Dingen an.

Das Thema um die "Sozialen Kontakte" finde ich hinsichtlich der Digitalisierung nicht mal so brisant. Sicherlich gab's Veränderungen, aber ich sehe diese nicht als zentral bzw dermassen verheerend wie es oft (wie eben auch von Lanier) dargestellt wird. Vor Allem sollte man da auch nicht zur Einseitigkeit verleitet werden. Immherin hatte die Digitalisierung ja auch durchaus positive diesbezügliche Aspekte.
Ähnlich gilt dies für ältere Menschen. Die sog. Vereinsamung ist ja kein Phänomen der Digitalisierung, sondern ein soziokulturelle Angelegenheit im Allgemeinen.
Und auch hier bot gerade das Internet und die PC's im Allgemeinen älteren Menschen manche Möglichkeiten, die viele aufgrund eingeschränkter Mobilität sonst nicht hätten nutzen können.


Aber da würde ich ganz klar unterscheiden zwischen Tätigkeiten, die ich ergebnisorientiert durchführe, wie Einkaufen und Geld abheben.
Das mache ich aus purer Notwendigkeit, da brauch ich niemanden zum quatschen, ich will das möglichst schnell über die Bühne bringen.
Anders aber „erlebnisorientierte“ Tätigkeiten, die man eben nicht tut, weil man halt muss, sondern weil man will. Da könnte ich es mir schon eher vorstellen.

Aber das geht glaube ich auch in die Richtung, in die Yamagi schon wollte: Wenn die Gesellschaft Digitalisierung und Automatisierung als Chance begreifen würde,
und sich dahingehend ändern würde, dass es eben keine Zweiklassengesellschaft gibt, in der manche Arbeiten und manche nicht,
sondern „Arbeit“ ein Hobby ist wie jedes andere auch (z.B. an FreeBSD programmieren),
dann könnte man eben die notwendigen, „ergebnisorientierten“ Tätigkeiten automatisieren und dort die menschliche Interaktion herausfaktorieren,
und die „frei gewordenen (zeitlichen) Ressourcen“ könnten dann „gewinnbringend“ für die Gesellschaft an anderer Stelle zum Einsatz kommen.

Das wird tatsächlich Wunschdenken bleiben, zumindest für ein Grossteil der Menschen. Die Digitalisierung hat die Gesellschaft bisher weder zum Guten noch zum Schlechten verändert. Vor -und-Nachteile wiegen sich meist auf.
Wenn, dann hat uns die Digitalisierung zu einer InformationsGesellschaft entwicklen lassen.

Es ist utopisches Wunschdenken zu meinen, physische, entbehrliche Arbeit würde durch die Digitalisierung obsolet. Im Gegenteil zeichnet sich ja schon länger ab, dass industriell-handwerkliche Arbeit zunehmend unterbewertet wird. Das ist dann auch die Schwelle zur Zweiklassengesellschaft. Solche Arbeit lässt sich zudem oftmals auch leichter rationalisieren, auslagern oder durch günstigere Arbeitskräfte ersetzten. Das Bildungswesen, in dem bereits eine gewisse Abwertung geschieht, tut das Übrige noch dazu.

Arbeit = Hobby kann halt nur sein, wenn da wirklich eine Symbiose besteht. Manche haben dieses Glück, andere nicht. Aber natürlich kann eine solche Symbiose auch dann bestehen, wenn beides ganz verschiedene Tätigkeiten sind. Auf neudeutsch Bestandteil von "Like-Work Balance".

Die Digitalisierung und insbesondere das Internet werden als die grösste technische Errungenschaft seit der Industrialisung bezeichnet. Persönlich halte ich das stark übertrieben. Was sie verändert hat, sind bestimmte Strukturen.
 
Die Digitalisierung alleine natürlich nicht, deswegen habe ich ja auch „Digitalisierung und Automatisierung“ geschrieben.
Und ja, auch ich sehe die Schnitte in der Bewertung von handwerklicher Arbeit.
Aber ich sehe da so: Da gibt es so viel Tätigkeiten, die ich keinesfalls ausüben möchte. Wenn ich sie jemandem anderen aufbürde,
werte ich seine Person damit in gewisser Weise nicht auch ab, von wegen „ich bin mir zu fein zum Kloputzen, mach du mal“?
Wenn diese Tätigkeiten generell nicht mehr von Menschen ausgeübt werden müssen, dann sehe ich dort wieder eine Gleichheit.
Aber das ist natürlich nur eine reine, unerreichbare Utopie…
 
Aber ich sehe da so: Da gibt es so viel Tätigkeiten, die ich keinesfalls ausüben möchte. Wenn ich sie jemandem anderen aufbürde, werte ich seine Person damit in gewisser Weise nicht auch ab, von wegen „ich bin mir zu fein zum Kloputzen, mach du mal“?
Wenn diese Tätigkeiten generell nicht mehr von Menschen ausgeübt werden müssen, dann sehe ich dort wieder eine Gleichheit.
Aber das ist natürlich nur eine reine, unerreichbare Utopie…

Das glaube ich dir auch gerne. Aber das Beispiel mit dem Kloputzen ist doch ein Extrembeispiel. Ja, solche Arbeit wie auch etwa auf dem Bau, Garten/Forst -und Landwirtschaftsarbeit wird's immer geben wie auch Mechaniker und manche andere Handwerksarbeit.
Der Begriff "Automatisierung" find ich da sehr treffend, doch am eigentlichem Thema vorbeiführend. Da wäre etwa die Landwirtschaft zu nennen und andere Bereiche in denen die eigentliche Digitalisierung kaum Anteil an der Automatisierung hatte.
Einer der Branche die direkt durch die Digitalisierung hart getroffen wurde, ist die graphische.
Von der Fotografie, Labor, über Satz/Layout, Druckvorstufe, Druck. Aber auch nicht technische Branchen wie etwa der Journalismus haben sich tiefgreifend verändert usw.
Erwähnenswert wären aber auch Detailhandel, Metallbauindustrie usw usw und gar Musikindustrie.
 
. Ja, solche Arbeit wie auch etwa auf dem Bau, Garten/Forst -und Landwirtschaftsarbeit wird's immer geben wie auch Mechaniker und manche andere Handwerksarbeit.
Der Begriff "Automatisierung" find ich da sehr treffend, doch am eigentlichem Thema vorbeiführend. Da wäre etwa die Landwirtschaft zu nennen und andere Bereiche in denen die eigentliche Digitalisierung kaum Anteil an der Automatisierung hatte.
Mit solchen Aussagen wäre ich vorsichtig. :rolleyes: Beispiel Landwirtschaft: Es gibt heute Traktoren die GPS gesteuert nahezu alleine ganze Felder bearbeiten können, das Energimangment hat sich verändert u.s.f. um von den vielen Einflüssen die von Aussen einwirken noch nicht zu reden wie z.B. Wettervorhersagen oder den Einfluss internationaler Märkte. Vor einer Generation kam ein Landwirt in Niederösterreich mit ca. 40-50 ha noch gut über die Runden, heute sind das mindestens 100 ha, in der nächsten Generation werden das noch weit mehr sein. Sicherlich gibt es Bereiche die von den technischen Entwicklungen in unterschiedlichem Maße betroffen sind, oft auch nur einfach verzögert. Denken wir z.B. an typische Dienstleistungen wie das Hotel- und Gasstättengewerbe. Sicherlich, der Kellner muss immern noch an den Tisch kommen, aber Vorbestellungne via Internet und das interne Managment haben die ganze Branche verändert. Man muss wohl Einsiedler werden um dem zu entkommen.

Wesentlich sinnvoller wäre es hingegen die Systemfrage zu stellen. Wäre es nicht besser die Digitalisierung als Chance zu nutzen um den alten Traum eines weitgehend selbstbestimmten Leben zu verwirklichen, anstatt sie zu verteufeln? Schon heute könnte man sicherlich 80% der täglichen Routineaufgaben automatisieren, in 20 Jahren wahrscheinlich noch einmal deutlich mehr. Man könnte aus extrinsischen Motiven heraus arbeiten, machen was einem Spaß macht, die Menschheit als ganzes voranbringen. Nur müsste man dafür eben unser monetär fixiertes System über den Haufen werden, praktisch die ganze Gesellschaft von der Pike auf neu denken
Dem stimme ich in vollem Umfang zu!

Bedauerlicherweise ist der Traum eines leeren Blattes Papier nicht nur bei der Entwicklung von Software eine Illusion. Was wir alledings können ist an das Bestehende anschliessen und der weiteren Entwicklung eine andere Richtung geben indem wir z.B. dem politschen Denken Vorrang vor dem ökonomischen geben.

Wichtig ist noch das jede technische Entwicklung unser Denken verändert, also auch wie wir die Welt und uns selbst verstehen. Denken wir z.B. an solche Kathegorien wie "das Mögliche" und "das Unmögiche" oder "das Nahe" und "das Ferne" die vor wenigen Jahrzehnten noch einen ganz andere Bedeutung hatten als heute. Und derartigen Kathegorien entspringen ganz andere Handlungsmöglichkeiten die in alle lebensweltliche Zusammenhänge eindringen. Insofern meine ich schon dass wir zurecht von einer 2. Industriellen Revolution sprechen können.

Historische gesehen sind diese Entwicklungen eigentlich recht normal und ich sehe keinen Grund zu Pessimismus. Es dauert halt einige Jahrzehnte bis sich das Alles eingerenkt hat. Was sich von der 1. Industriellen Revolution unterscheidet ist die Geschwindigkeit und die weltweite Reichweite der gegenwärtigen Entwicklungen. Ich kann nur hoffen dass die "Kollateralschäden" kleiner sind als die der 1. Industriellen Revolution.
 
Mit solchen Aussagen wäre ich vorsichtig. :rolleyes: Beispiel Landwirtschaft: Es gibt heute Traktoren die GPS gesteuert nahezu alleine ganze Felder bearbeiten können, das Energimangment hat sich verändert u.s.f. um von den vielen Einflüssen die von Aussen einwirken noch nicht zu reden wie z.B. Wettervorhersagen oder den Einfluss internationaler Märkte.

Das sind natürlich treffende Beispiele. Doch ich meinte, dass Automation schon vor der Digitalisierung stattfand und keine ihr einzgigartige Eigenschaft - also Alleinstellungsmerkmal - ist. Selbstverständlich aber, kann die Automation durch Digitale, prozessorgesteuerte und netzwerkbasierte Technik noch auf die Spitze getrieben werden. Parallele Entwicklung in Sensorik und Robotik sowie aber auch in Bereichen wie Materialwissenschaft (Chemie, Physik) usw vervollständigen dies zu einer Symbiose.


Wichtig ist noch das jede technische Entwicklung unser Denken verändert, also auch wie wir die Welt und uns selbst verstehen. Denken wir z.B. an solche Kathegorien wie "das Mögliche" und "das Unmögiche" oder "das Nahe" und "das Ferne" die vor wenigen Jahrzehnten noch einen ganz andere Bedeutung hatten als heute. Und derartigen Kathegorien entspringen ganz andere Handlungsmöglichkeiten die in alle lebensweltliche Zusammenhänge eindringen. Insofern meine ich schon dass wir zurecht von einer 2. Industriellen Revolution sprechen können.

Weshalb soll Technik unser Denken verändern?
Führt man den Faden weiter, so kann man sagen, dass das Denken auch Verhaltensmuster verändert und somit Technik eben Verhaltensmuster.
Macht sich damit der Mensch nicht zu sehr von der Technik abhängig?

Klar, das ist der Mensch in der Zivilisation sowieso schon. Die für mich entscheidende Frage ist aber die des Ausmasses.
Und ich stimme auch damit überein wenn man sagt, höherer Komfort erleichert so manche Aufgabe und Situation im Leben. Und Komfort ist schliesslich ein essentieller Bestandteil von Zivilisation.
Aber würde man es darauf beschränken, gälte dies lediglich für eine reduktionistische Sichtweise - auch wenn sie berechtigt wäre. Aber damit ist in keiner Weise eine Vollständigkeit auf die Dinge gegeben. Sprich insgesamt Folgen welche dies nach sich zieht.

Ein gutes Beispiel wäre etwa die Medizin.
Ihr technischer Stand ist enorm und gerade die Digitale Technik verhalf ihr zu Innavotionen und Lösungen welche sie sehr effizient macht.
Doch diese Effizienz hat offensichtlich keinen Einfluss darüber wie Medizin ethisch wahrgenommen wird. Medizin ist ein Bereich der trotz ausgeprägter und verankerter ethischen Standards auf aktive Ethik angewiesen ist. Alleine Regelwerke & technische Effizienz reichen nicht aus. Doch die Strukturen und der alleinige Verlass auf die effiziente Technik können sie bei solcher Missachtung zur blossen "Reperaturwerkstatt" degradieren.
 
Das sind natürlich treffende Beispiele. Doch ich meinte, dass Automation schon vor der Digitalisierung stattfand und keine ihr einzgigartige Eigenschaft - also Alleinstellungsmerkmal - ist. Selbstverständlich aber, kann die Automation durch Digitale, prozessorgesteuerte und netzwerkbasierte Technik noch auf die Spitze getrieben werden. Parallele Entwicklung in Sensorik und Robotik sowie aber auch in Bereichen wie Materialwissenschaft (Chemie, Physik) usw vervollständigen dies zu einer Symbiose.

Massiv vereinfacht: Digitalisierung + Automatisierung = Robotik
Und da ist *jede Menge* Potenzial, unser Leben wie auch unser Denken zu ändern.
Also, wenn die Gesellschaft dazu bereit wäre, was sie meiner Wahrnehmung nach schlichtweg nicht ist.


Ein gutes Beispiel wäre etwa die Medizin.
Ihr technischer Stand ist enorm und gerade die Digitale Technik verhalf ihr zu Innavotionen und Lösungen welche sie sehr effizient macht.
Doch diese Effizienz hat offensichtlich keinen Einfluss darüber wie Medizin ethisch wahrgenommen wird. Medizin ist ein Bereich der trotz ausgeprägter und verankerter ethischen Standards auf aktive Ethik angewiesen ist. Alleine Regelwerke & technische Effizienz reichen nicht aus. Doch die Strukturen und der alleinige Verlass auf die effiziente Technik können sie bei solcher Missachtung zur blossen "Reperaturwerkstatt" degradieren.

Und genau das meinte ich: Die Ethik, dass ein Mensch arbeiten *muss* um etwas wert zu sein, halte ich momentan für ausgeprägt, aber äußerst gefährlich.
Diese Ethik muss IMHO geändert werden, und dazu bedarf es eben auch einer Änderung des Denkens.
 
Das sind natürlich treffende Beispiele. Doch ich meinte, dass Automation schon vor der Digitalisierung stattfand und keine ihr einzgigartige Eigenschaft - also Alleinstellungsmerkmal - ist.
Sicherlich hat es schon länger Automatisierung gegeben, - auf vergleichweise primitivem Niveau. Hier sind die Regelkreise durch mechanische oder diskrete elektronische Elemente realisiert worden. Erst die IT-Technik hat die Automatisierung auf das Niveau ihrer Möglichkeiten gebracht.
Weshalb soll Technik unser Denken verändern? Führt man den Faden weiter, so kann man sagen, dass das Denken auch Verhaltensmuster verändert und somit Technik eben Verhaltensmuster.
So ist es! Bereits 1931 hat der amerikanische Soziologe William Isaac Thomas das berühmte Thomas-Theorem formuliert das übersetzt lautet dass “Situationen die von den beteiligten Menschen als real definiert werden, in ihren Konsequenzen real sind” Es lohnt sich ernsthaft darüber nachzudenken was das beudeutet ...
Macht sich damit der Mensch nicht zu sehr von der Technik abhängig?
Die biologische Evolution der Menschen bestand im wesentlichen darin dass sie Werkzeuge und in der Folge sich selbst verändert haben. Der erste Fauskeil, das Feuer, der erste Speer etc haben diesen Prozess in Gang gesetzt der dann in der neolithischen Revolution langsam durch eine kulturelle Evolution abgelöst wurde. Man könnte die Menschen geradezu als die Säugetiere die Technologien entwickeln und verwenden definieren, - und damit natürlich auch davon abhängig sind.
Aber damit ist in keiner Weise eine Vollständigkeit auf die Dinge gegeben. Sprich insgesamt Folgen welche dies nach sich zieht.
"Die Zukunft ist unabsehbar" (Hannah Arend) da uns ein Blick auf das Ganze grundsätzlich verwehrt ist. Wissenschaft kann sich immer nur mit kleinen, sehr kleinen Teilbereichen der Welt befassen und hilft da nicht weiter. Uns bleibt daher bei Entscheidungen nichts anderes als eine Risikoabschätzung und ein bißchen Glück. :rolleyes:
Medizin ist ein Bereich der trotz ausgeprägter und verankerter ethischen Standards auf aktive Ethik angewiesen ist. Alleine Regelwerke & technische Effizienz reichen nicht aus. Doch die Strukturen und der alleinige Verlass auf die effiziente Technik können sie bei solcher Missachtung zur blossen "Reperaturwerkstatt" degradieren.
Das ist ein generelles Problem jeder Technologie. Das hat heute eine besondere Dimension insofern als die jeweiligen Technologien nur noch von den Expertenkulturen verstanden und angemessen beurteilt werden können was einen Transfer in den politischen Raum schwierig macht. Jeder Richter der auf Expertiesen angewiesen ist, aber letztlich auch wir alle, stehen vor diesem Problem. Und wie wir wissen sind sich die Experten bei weitem nicht immer einig...;)
 
Und da ist *jede Menge* Potenzial, unser Leben wie auch unser Denken zu ändern.
Also, wenn die Gesellschaft dazu bereit wäre, was sie meiner Wahrnehmung nach schlichtweg nicht ist.

Scheint mir geradezu, als würdest du damit die Technik über den Menschen stellen. Eben quasi "die Technik ist bereits weiter als der Mensch".

Und genau das meinte ich: Die Ethik, dass ein Mensch arbeiten *muss* um etwas wert zu sein, halte ich momentan für ausgeprägt, aber äußerst gefährlich.
Diese Ethik muss IMHO geändert werden, und dazu bedarf es eben auch einer Änderung des Denkens.

Es ist doch ein essentieller Unterschied wenn man sagt, es bräuchte die Arbeit und wäre einer von mehreren Alternativen wie sich Menschen indentifizieren können oder zu sagen "Mensch=seine jeweilige Arbeit". Also Gleichsetzung.
Zudem : wer soll denn Technik entwicklen, bereitstellen, verwalten usw wenn nicht ohne Arbeit? Und "Arbeit" ist ja ein grosser Begriff.
Die Gleichsetzung "Mensch=seine jeweilige berufliche Arbeit" kommt doch von daher, weil man eigentlich "Leistung" meint. Eines der Probleme unserer Gesellschaft ist eben diese Leistungsorientierung. Von mentalen bis zu körperlichen Eigenschaften und Fähigkeiten beurteilen "wir" doch vorschnell und unüberdacht nach "Leistung".
Dieses Thema aufzurollen, würde wohl einige Threadseiten nach sich ziehen, denn so ähnlich wie viele gesellschaftliche Entwicklungen ist auch diese eine durchaus ambivalente, paradoxe.

Sicherlich hat es schon länger Automatisierung gegeben, - auf vergleichweise primitivem Niveau. Hier sind die Regelkreise durch mechanische oder diskrete elektronische Elemente realisiert worden. Erst die IT-Technik hat die Automatisierung auf das Niveau ihrer Möglichkeiten gebracht.
In der Sicht auf die Vergangenheit wirkt alles Frühere schnell mal "primitiv". Damit aber werden auch damalige Entwicklungen und Zustände gerne verklärt.

So ist es! Bereits 1931 hat der amerikanische Soziologe William Isaac Thomas das berühmte Thomas-Theorem formuliert das übersetzt lautet dass “Situationen die von den beteiligten Menschen als real definiert werden, in ihren Konsequenzen real sind” Es lohnt sich ernsthaft darüber nachzudenken was das beudeutet ...
Ja, kenn ich :) Ein interessanter Ansatz.

Die biologische Evolution der Menschen bestand im wesentlichen darin dass sie Werkzeuge und in der Folge sich selbst verändert haben. Der erste Fauskeil, das Feuer, der erste Speer etc haben diesen Prozess in Gang gesetzt der dann in der neolithischen Revolution langsam durch eine kulturelle Evolution abgelöst wurde. Man könnte die Menschen geradezu als die Säugetiere die Technologien entwickeln und verwenden definieren, - und damit natürlich auch davon abhängig sind.
Mh, das ist mir zu einfach. Damit rückt man den Menschen doch nur wieder in ein "er kann ja nicht anders" bzw "er kann ja nicht anders weil ihm die Natur ihm dies so in die Wiege gelegt habe. Auch hier wieder : die zivilisatorische (und damit auch gesellschaftliche sowie technische) Entwicklung fand nicht linear statt. Sondern immer wieder mit grossen Unterbrüchen und "Rückschlägen".
Das einzige was die Biologie dem Menschen quasi mitgab ist das mentale Potenzial. Alles andere ist spekulative Interpretation. Es ist also in keiner Weise logisch dass es quasi so kommen musste wie es kam - vereinfacht ausgedrückt.

Und was die gesellschafltiche, zivilisatorische Entwicklung betrifft : auch hier gibt's weniger Logik in der Abfolge als das es bestimmte Mechanismen gibt.

"Die Zukunft ist unabsehbar"
(Hannah Arend) da uns ein Blick auf das Ganze grundsätzlich verwehrt ist. Wissenschaft kann sich immer nur mit kleinen, sehr kleinen Teilbereichen der Welt befassen und hilft da nicht weiter. Uns bleibt daher bei Entscheidungen nichts anderes als eine Risikoabschätzung und ein bißchen Glück. :rolleyes:

Ich gehe mit Arendt's Ansicht einig. Übrigens eine nicht von ihn einzig erdachter Erkenntnis, sondern durchaus waren viele Soziologen bzw Philosophen dieser Ansicht.

Und eben gerade darum finde ich ein "Kritisches Auge auf die Technik" wichtig.

Das ist ein generelles Problem jeder Technologie. Das hat heute eine besondere Dimension insofern als die jeweiligen Technologien nur noch von den Expertenkulturen verstanden und angemessen beurteilt werden können was einen Transfer in den politischen Raum schwierig macht. Jeder Richter der auf Expertiesen angewiesen ist, aber letztlich auch wir alle, stehen vor diesem Problem. Und wie wir wissen sind sich die Experten bei weitem nicht immer einig...
Ja, so ist es. :)
 
Scheint mir geradezu, als würdest du damit die Technik über den Menschen stellen. Eben quasi "die Technik ist bereits weiter als der Mensch".

Was soll „die Technik über den Menschen stellen“ heißen?
Ich bin der Ansicht, dass wir das Potenzial der heute verfügbaren Technik aus ideologischen Gründen nicht zum Allgemeinwohl ausnutzen.

Es ist doch ein essentieller Unterschied wenn man sagt, es bräuchte die Arbeit und wäre einer von mehreren Alternativen wie sich Menschen indentifizieren können oder zu sagen "Mensch=seine jeweilige Arbeit". Also Gleichsetzung.
Zudem : wer soll denn Technik entwicklen, bereitstellen, verwalten usw wenn nicht ohne Arbeit? Und "Arbeit" ist ja ein grosser Begriff.
Die Gleichsetzung "Mensch=seine jeweilige berufliche Arbeit" kommt doch von daher, weil man eigentlich "Leistung" meint. Eines der Probleme unserer Gesellschaft ist eben diese Leistungsorientierung. Von mentalen bis zu körperlichen Eigenschaften und Fähigkeiten beurteilen "wir" doch vorschnell und unüberdacht nach "Leistung".
Dieses Thema aufzurollen, würde wohl einige Threadseiten nach sich ziehen, denn so ähnlich wie viele gesellschaftliche Entwicklungen ist auch diese eine durchaus ambivalente, paradoxe.

Es braucht Arbeit, natürlich, aber sie muss meiner Ansicht nach nicht von Menschen ausgeübt werden.
 
Was soll „die Technik über den Menschen stellen“ heißen?
Mh, das kann mehre Aspekte bzw Sichtweisen beinhalten.
Von der Glorifizierung der Technik bis dahin ihr Wert höher zu gewichten als das Mensch sein allsamt seines "tragischen" bzw widersprüchlichen Wesens.

Es braucht Arbeit, natürlich, aber sie muss meiner Ansicht nach nicht von Menschen ausgeübt werden.
Das ist finde ich direkt ausgedrückt naiv.
Denn solange wir Herr über die Technik sein wollen, darf sie sich nicht selber zu schaffen instande sein. Das alleine bedingt schon mal Arbeit - vom Menschen ausgeübte Arbeit, versteht sich.

Wenn wir ja schon davon ausgehen das menschliche, zivilisierte Leben eben "menschlicher gestalten zu wollen", sollten wir nicht bestimte Arbeiten abwerten.
Maschinen haben einen grossen Nutzen und sind und gerechtfertigterweise auch sehr wichtig.
Aber es gibt keine "niedere Arbeit". Sondern wenn schon, sind wir Menschen es, die gewisse Arbeiten als "niedrig" einstufen und jene Menschen welche sie ausüben, mit ihr gleichsetzen.

Ich finde, Arbeit ist etwas, das uns Menschen auch eine gewisse Struktur gibt. Natürlich ist's eine tolle Vorstellung, künftig nur noch das zu tun, auf was man Lust hätte, vereinfacht gesagt. Aber es ist utopisch zu meinen, dass dies nur positive Folgen hätte. Dafür ist die menschliche Psyche und sind soziologischen Mechanismen viel zu komplex.
 
Mh, das ist mir zu einfach. Damit rückt man den Menschen doch nur wieder in ein "er kann ja nicht anders" bzw "er kann ja nicht anders weil ihm die Natur ihm dies so in die Wiege gelegt habe.
Ich weiss nicht wie du das in das von mir gesagt reinließt. Du hattest gefragt ob wir Menschen von der Technikt abhängig sind, Und das hatte ich mit Argumenten aus der humanen Evolution bejaht. Damit ist nichts, aber auch noch garnichts, über die historische/gesellschaftliche Form der jeweiligen Technologie gesagt. Wir Menschen als biologische Gattung sind ohne Technologie - auf welchem Niveau auch immer - schlicht nicht überlebensfähig.
Das einzige was die Biologie dem Menschen quasi mitgab ist das mentale Potenzial.
Ooooch, da gäbe es noch einiges mehr, aber lassen wir das mal, die Kritik an Lanier ist ja dass die bruchlose Ökonomisierung der Informationstechnologie abzulehen ist was ja keine anthropologische Frage ist.
 
Ich weiss nicht wie du das in das von mir gesagt reinließt. Du hattest gefragt ob wir Menschen von der Technikt abhängig sind, Und das hatte ich mit Argumenten aus der humanen Evolution bejaht. Damit ist nichts, aber auch noch garnichts, über die historische/gesellschaftliche Form der jeweiligen Technologie gesagt. Wir Menschen als biologische Gattung sind ohne Technologie - auf welchem Niveau auch immer - schlicht nicht überlebensfähig.

Eben genau darum wies ich ja darauf hin. Von wem hast du das, von wegen der Mensch sei ohne Technik nicht überlebensfähig, der Drang nach technischer Entwicklung würde ihm quasi in die Wiege gelegt?
Weshalb das Viele meinen? Daher, weil wir die Geschichte nicht anders kennen. Wir betrachten die Geschichte nach unserer Relevanz. Oder mit anderen Worten : alleine dass der Mensch Technik ständig weiterentwickelt (über's Gesamte gesehen) heisst ja noch nicht, dass er deswegen ohne sie nicht überlebensfähig sei.
Streng naturalistisch gesehen ist das also nicht von Belang, die Technik ist also nicht in der Biologie des Menschen verankert. Das wäre dann halt tatsächlich eine philosophisch-anthropologische Frage. Beziehungsweise eine Kulturhistorische.
Vergessen wir nicht : Nicht erst der Homo SapiensSapiens entwickelte Technik, sondern bereits seine Vorgänger. Doch diese Zeiträume sind ungleich länger als in der wir seit den Hochkulturen die technische Entwicklung oder gar überhaupt die Zivilisation rechnen.

Ooooch, da gäbe es noch einiges mehr, aber lassen wir das mal, die Kritik an Lanier ist ja dass die bruchlose Ökonomisierung der Informationstechnologie abzulehen ist was ja keine anthropologische Frage ist.

Da stimme ich dir einerseits zu. Andererseits könnte man dies als widersprüchlich auffassen, wenn man denn die technische Entwicklung als naturgegebener Drang erachtet :)

Denn vom Prinzip her würde sich diese Art der technische Entwicklung nicht vom Faustkeil unterscheiden. Oder mit deinen eigenen Worten : da der Mensch nur durch Technik überleben kann, ist er gezwungen sich weiterhin zu entwickeln. Nun beschleicht uns vlt das erste Mal das Gefühl, die Technik könnte uns über den Kopf wachsen.
Zum Schluss stände noch die Frage ob es entscheidend ist, ob überhaupt technische Weitentwicklung oder oder sie nur Sinn macht wenn uns die (-betreffende) Technik sinnvoll erscheint.
 
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