Nunja, was soll man zu den SUN-Produkten sagen?
Vielleicht trifft es dieser Kommentar am besten:
http://www.heise.de/open/news/foren/S-Re-Der-letzte-Schuss/forum-184074/msg-18970657/read/
Ich erinnere mich an frühere Jahren, wo ich nur aus Jux aber ohne Wissen über die Materie der Firma Sun, der Sparc-CPU und Solaris das Ende prophezeit habe.
Allerdings hätte ich damals nie gerechnet, dass das auch tatsächlich so kommt.
Ob dadurch Leute wie Jörg Schilling ihren Job verlieren oder nicht, ist mir egal (im Sinne von neutral, nicht dass hier Schadenfreude unterstellt wird).
In Vorlesungen zu Wettbewerbstheorie, Mikroökonomik und Unternehmensplanung kann man sich mit den Themen Marktstruktur und Wettbewerbsverhalten bekannt machen.
Und eins der wichtigsten Botschaften dieser Vorlesungen war schon immer die sog. Ökonomie der Fixkostendegression, der Lerneffekte, der Produktdiversifizierung und Preisdifferenzierung.
Genau hier hat glaub ich Sun vielleicht Fehler begangen.
(1) Fixkostendegression: wenn Intel, AMD, IBM etc. es schaffen, möglichst viel von den produzierten CPUs auch abzusetzen, so verteilen sich die fixen Gemeinkosten (Maschinen-AfA, Gehälter, Strom etc.) auf immer mehr Output und relativieren
(2) Lerneffekte: durch barbarische Investitionen in Forschung & Entwicklung haben viele Hardwarehersteller sog. Lerneffekte erzielt. D.h. man hat iterativ und mit brute force Einsatz von Wissenschaftlern immer nach vorne geforscht geleitet von einer Idee.
(3)Diversifizierung: die Schaffung mehrer Standbeine ermöglicht eine breitere Kundenbasis.
(4) Differenzierung: durch intelligente Preisdifferenzierung schöpft ein Hersteller die Konsumentenrente am besten ab.
(5) Zusätzlich fällt mir noch die Blue-Ocean Strategie von Nintendo ein. BigN hat irgendwann gemerkt, dass sie technisch nicht mit der BruteForce von Microsoft und Sony konkurrieren können. Also haben sie sich erfolgreich eine Nische (blue ocean) gesucht und massiv Gelegenheitsspieler, Hausfrauen, Kinder, Jugendliche etc. angesprochen. BigN hat sich einfach dem direkten Wettbewerb mit Sony und MS entzogen. Sowohl produkttechnisch als auch betriebswirtschaftlich (beachtliche Profitabilität von BigN vs. Umsatzwachstum von Sony + MS, das aber durch enorme Anfangsverluste gekennzeichnet ist)
Ich bezweifle stark, dass Sun jemals in den Bereichen 1 bis 4 richtig top war. Sun soll angeblich technisch sehr stark (bleeding edge) gewesen sein.
Aber sie haben es betriebswirtschaftlich nicht geschafft. Es hat ihnen evtl. ein energischer Vertriebsleiter gefehlt, der den Kunden die Sun Produkte als "sexy" verkauft.
Und eine blue-ocean Strategie haben sie auch noch nie probiert?
EDIT: 2001 => 2000: Zu Zeiten des DOTCOM-Booms Anno 2000 hat Sun fett verkauft und gut verdient, soviel ich mich erinnern kann? Danach im Jahre 2001 hat -wie unten jemand treffend formuliert- Sun einen Großteil seines Firmenwerts an der Börse eingebüßt.
Nach nunmehr 2 Krisen in 1 Jahrzehnt wurden sie halt von HP, IBM etc. eingeholt und überholt.
Interessanterweise hat sich z.B. AMD trotz massiver Probleme selbst aus dem Sumpf gezogen. AMD war IIRC mit dem Athlon 64 ziemlich erfolgreich, als Intel plötzlich den Core2Duo auf Basis des Pentium 3 erfand und damit der gute A64 über Nacht veraltet war. Damals dachte ich, davon würde sich AMD nie mehr erholen. Aber stattdessen haben sie ATI gekauft und massiv in die Entwicklung vom Phenom investiert. Ferner haben sie sich Investoren geholt und die verlustreiche Produktion ausgelagert.
Heute steht AMD/ATI so gut wie noch nie da. Sie haben nVidia überholt. Das verdanken sie nur der riskanten und mutigen Strategie, die sie nach dem Niedergang des A64 ausgeheckt haben. Ich muss gestehen, ich hab all die Jahre seit der "Erfindung" des C2D bis zur Auslagerung der Fertigung immer gedacht, dass AMD es nie schafft, sich zu erholen. Umso erfreut war ich, als ich neulich gelesen hab, dass sie endlich nVidia überholt haben und massiv an der Verschmelzung von CPU+GPU forschen und bald nicht nur Prototypen sondern auch fertige Fusionsprodukte am Markt platzieren werden.
Meine nächste Graka wird eine ATI sein.
Warum Sun es nie geschafft hat, einen Husarenritt wie AMD zu vollführen, wird für uns User für immer ein Rätsel bleiben?
Irgendwie hat Sun kein anziehendes Image aufbauen können.
Das ist deshalb sehr erstaunlich, weil Java von ihnen abstammt und die meistverbreitete "business langueage" in der IT-Welt ist.
Zu Oracle fällt mir folgendes ein:
Oracle hat einen Gemischtwarenladen aufgemacht, nach dem Muster von General Electrics bzw. Microsoft.
Man hat mit E-Business Suite, Oracle RDBMS, Siebel CRM, Hyperion BI, Crystal Ball Simulation etc. eine sehr breite IT-Produktpalette. Zugekauft oder selbst entwickelt, das spielt jetzt keine Rolle mehr.
Das ist passend für Kunden, die Lösungen "aus einer Hand" kaufen wollen.
Ob das eine kluge Einkaufsstrategie ist, sei mal dahingestellt.
Fakt ist, dass solche Kunden existieren.
Um diese o.g. Produkte wurde auch die entsprechende Marketing- und Beraterstrategie aufgebaut. In den USA soll Oracle auf gleicher Augenhöhe mit SAP sein.
All das hat bei Sun wohl gefehlt. Sie haben mit dem besten und verbreitesten Produkt Java kaum Geld verdient, während IBM, SAP, Accenture, Bearing Point, HP, Cap Gemini etc. damit Mio $, € gescheffelt haben (irgendwie ungerecht aber das ist ein anderes Thema).
IBM z.B. strebt langfristig den Weg zu einer reinen Software- und Beratungsfirma (sofern ich das im Netz richtig gelesen habe, sonst korrigiert mich bitte).
Vielleicht hat IBM einfach erkannt, dass Hochspezialisten wie Intel und AMD irgendwann durch die Fixkostendegression und Lerneffekte es schaffen werden die eigene Hardware zu überholen und man mit dem heutigen evergreen S/390 Z/400 (keine Ahnung ob ich das richtig schreibe) morgen evtl. einen Rohrkrepierer hat und es kein Comeback geben wird, sobald man aus dem Ring "rausgehauen" wurde.
AFAIK, haben alle deutsche Automobilkonzerne noch Mainframes von IBM und Cobol-Software. Aber nicht aus Liebe zum S/390 oder zu Cobol, sondern weil sie es sich noch nicht leisten können, das ganze nach x86 zu portieren. Es würde schätzungsweise 1 Jahr dauern.
Warum also strebt IBM nach reiner Software + Beratung? Ganz einfach, sie wissen, dass der technische Fortschritt nicht aufzuhalten ist und irgendwann wird es die Technolgie geben, die Mainframe + Cobol ablöst und für immer ins Grab schickt.
Das ist genauso wie bei Shell. Auf deren Homepage liest man, dass sie in Solarenergie investieren => ein Ölkonzern wohlgemerkt! *grins*
Diese Überlegung von IBM hätte auch Sun machen müssen. Vielleicht wäre es klüger gewesen rechtzeitig Solaris + Sparc abzustoßen und sich auf Java und Beratung zu konzentrieren? Ich weiss es nicht, kann es nur vermuten.
Was ist also die Schlußfolgerung?
Das Fazit einer 2 SWS Vorlesung in Unternehmensplanung könnte lauten:
"plane, investiere und amortisiere".
Das haben IMHO Oracle, IBM, SAP, MS und Apple verinnerlicht. Sun hat irgendwie den Zug verpaßt, um das dicke Geld auch langfristig zu verdienen. Entweder hat man sich zu sehr auf den Erfolg von 2000 ausgeruht oder man hatte keinen Kampfgeist wie AMD sich in den Ring zurückzukämpfen.
Sollte ich einen Fehler in meiner Argumentationskette begangen haben, bin ich offen für Anmerkungen und konstruktive Kritik.
MfG